Im Burgunder-Himmel: Jahrgangsverkostung 2017 beim Weingut Bernhard Huber (16.11.2019)

 

Gut gelaunt begrüßt Julian Huber seine Gäste bei der Verkostung des Jahrgangs 2017 auf seinem Weingut in Malterdingen. Der junge Winzer hat auch allen Grund zur Freude. Der Jahrgang 2017 ist im VDP-Weingut Bernhard Huber wieder exzellent ausgefallen, wie die serienweisen Top-10-Platzierungen in allen kürzlich erschienenen Weinführern bestätigen.

 

Bei der Jahrgangsverkostung wird die internationale Kundschaft mit einem Glas Sekt begrüßt. Ich wähle den 2011er Blanc de Blancs brut nature. Der aus Chardonnay-Trauben bestehende Sekt bietet mit seiner straffen, cremigen Struktur und der intensiven Frucht einen erfrischenden Einstieg in die Verkostung.

 

Bevor wir uns dem Huber-Sortiment widmen, sei kurz erwähnt, dass die Veranstaltung mit wunderbaren Speisen des Restaurants Köpfers Steinbuck aus Bischoffingen umrahmt wurde. Weiter waren wieder ausgezeichnete Gastweingüter zugegen. Das Weingut Knewitz aus Rheinhessen überzeugte mit tiefgründigen Chardonnays und stoffigen Rieslingen zu kundenfreundlichen Preisen. Gut Hermannsberg von der Nahe bot eine Phalanx an exzellenten Rieslingen auf, die 2018 ungemein saftig ausfielen. Darunter befanden sich allein fünf Große Gewächse. Unser Favorit war eindeutig die Traiser Bastei aus 2017.

 

Doch nun zum Weingut Huber:

 

Bei den Weißweinen will Julian Huber das Sortiment straffen und sich stärker auf Chardonnay fokussieren. Wir starten mit dem 2017er Müller-Thurgau, einem Huber-Klassiker mit ausgeprägter Muskat-Note und Aromen nach Pfirsich und Mirabelle. Es folgt der 2018er Grauburgunder, der in diesem sonnigen Jahrgang neben der Mineralität druckvolle, vollmundige Kraft entwickelt. Am Gaumen schmeckt man saftige Apfel- und Quitten-Noten. Eine feine Mineralität, sanfte Mandel-Aromen und schöne Cremigkeit zeigt der Malterdinger Weißburgunder & Chardonnay aus 2017. Die Cuvée vereint gekonnt die Vorzüge beider Rebsorten.

 

Das erste Highlight des weißen Sortiments folgt mit dem Malterdinger Chardonnay Alte Reben aus 2017. Filigrane Struktur, tiefe Mineralität und leicht rauchige Noten bestätigen Julian Huber in seiner Ansicht, dass Chardonnay ideal zum Malterdinger Terroir passt. Ein schlanker Wein, der trotzdem unheimliche Substanz und Tiefe in sich vereint. Auf ähnlichem Niveau folgt ein weiterer Huber-Klassiker. Der 2017er Malterer, eine Weißwein-Cuvée aus Freisamer und Weißburgunder. Die stoffige Cuvée mit dem außergewöhnlichen Etikett ist herrlich komplex und überzeugt mit Noten nach gelben Früchten.

 

Im oberen Verkostungsraum kann man noch den absoluten Superstar unter den Huber-Weißweinen verkosten. Erwerben kann man das 2017er Große Gewächs Chardonnay Bienenberg leider nicht mehr, weil es bereits ausverkauft ist. In die Nase steigen Noten nach Feuerstein und Zündelholz auf. Danach folgt gelbes Obst. Am Gaumen ein eleganter und feinfruchtiger Pinot. Bei aller Feingliedrigkeit besitzt der Bienenberg eine unheimliche Tiefe und Mineralität. Sicher einer der besten Chardonnays in Deutschland mit großem Entwicklungspotenzial.  

 

Das rote Segment bedeutet im Weingut Huber Spätburgunder auf höchstem Niveau. Schon der Einstieg mit dem in gebrauchten Barriques ausgebauten Gutsweins aus 2017 erweitert die Sinne. In der Nase Kirsche und verschiedene Beeren. Am Gaumen leicht rauchig und Aromen nach roten Johannisbeeren. Feine und zarte Eleganz wie ein Gleitschirmflug über sonnige Weinberge. Deutlich mehr Kraft entwickelt der 2017er Spätburgunder Malterdinger. Aktuell wirkt der Pinot noch sehr jung mit deutlichen Gerbstoffen. Neben der Frucht entwickelt der Pinot kräutrige, etwas vegetabile Aromen. Die folgenden „Alten Reben“ reichen in guten Jahren fast an die Großen Gewächse heran. In 2017 ist dies nicht zu erwarten. Der Spätburgunder besitzt sattes Volumen und große Substanz. Am Gaumen ist er vielschichtig und tiefgründig. Der Pinot ist noch etwas verschlossen und muss sich noch einige Jahre entwickeln.

 

Im oberen Verkostungsraum des Weinguts spielt dann bei den Spätburgundern nicht die Oberliga, sondern die Champions League. Es gibt drei Große Gewächse aus 2017 zu verkosten. Nur der bereits ausverkaufte Wildenstein fehlt. Wir beginnen mit dem auf gelbem Muschelkalk gewachsenen Malterdinger Bienenberg. Eine Offenbarung. Bereits dieser „Einstieg“ verdeutlicht, warum das Weingut Bernhard Huber beim Spätburgunder in Deutschland das Maß aller Dinge ist. Eine unheimlich komplexe Nase prophezeit ein grandioses Geschmackserlebnis. In der Nase dominieren Kirsche und etwas Schlehe. Am Gaumen ist der Bienenberg zwar sehr konzentriert, der Pinot wirkt aber immer fein und elegant. Mild gewobene Tannine, Kirscharomen, Waldbeeren, aber auch Kräuterwürze vollenden einen wunderbaren Wein.

 

Im Vergleich zum Bienenberg präferiere ich regelmäßig das Große Gewächs aus der Bombacher Sommerhalde. So auch 2017. Auch die Sommerhalde verfügt über eine mächtige, konzentrierte Nase. Die Sommerhalde entfaltet aber mit ihrem rötlichen Muschelkalk immer eine besondere Würze. Am Gaumen spürt man eine tiefgründigere Mineralität und eine lebendige Säure. Dies sorgt für Rasse und frische Eleganz. Eine unheimliche Aromen-Vielfalt wie Kirschen, Johannisbeeren, aber auch Veilchen und Kaffee. Ewige Länge im Abgang.

 

Zum Abschluss der Hecklinger Schlossberg. Ein Pinot, der in den letzten Jahren regelmäßig ganz oben in den Ranglisten der Weinführer zu finden war. Auch 2017 ist das Große Gewächs wieder ein absoluter Top-Wein. Julian Huber zaubert aus der mit hellgelbem, verwittertem Muschelkalk ausgestatteten Steillage erneut einen Spitzentropfen. Der zu 100 % aus französischen Pinot-Klonen bepflanzte Schlossberg zeigt in der Nase warme Komplexität mit dominierenden Kirschnoten. Am Gaumen hochfeines Spiel der Aromen wie rote Johannisbeere, Gewürze, vegetabile Noten, Kirsche und Brombeeren. Unheimlich konzentriert, dicht und harmonisch. Im Gesamteindruck steht aber immer diese feine, tiefgründige Eleganz, die Pinot-Freunde so sehr schätzen. Unendliche Länge und enormer Nachhall. Gratulation an Julian Huber für ein weiteres Pinot-Monument.

 

Vom Pinot-Himmel im Verkostungsraum geht es tief hinab in den Schatzkammer-Keller. Aber auch im tiefen Keller kann man bei der Raritäten-Probe das Pinot-Paradies erschmecken. Huber-Spätburgunder reifen sensationell gut. Dies beweist ein Schlossberg aus 2008 mit unheimlicher Harmonie, Vollreife und schönen Schokolade-Noten. Weiter zurück in der Zeitreise geht es zum überragenden 2005er Bienenberg. Wunderbar gereift mit gemüsigen Aromen und optimaler Harmonie. Als Abschluss ein 2002er Spätburgunder R. Die Reserve aus dem Bienenberg und dem Wildenstein zeigt auch nach 17 Jahren keine Alterungsnoten. Der reduktive Altstar überrascht mit sanften Paprika-Noten.

 

Von der Vergangenheit direkt in die Zukunft gelangt man im Barrique-Keller. Dort reift in unzähligen Barriquefässern der Jahrgang 2018. Selbst Laien können aus den angebotenen Fassproben erahnen, dass hier Besonderes heranreift. Beim Probieren erfahren die entzückten Weinfreaks von Julian Huber und seinen Mitstreitern Einzelheiten zum hochkomplexen Ausbau großer Pinots. Und man kann erahnen, an wie vielen kleinen Stellschrauben - von der Klonen-Selektion, der nachhaltigen Bodenbearbeitung bis zur punktgenauen Schwefelung jedes einzelnen Fasses - gedreht werden muss, damit schließlich Spitzen-Pinots von dieser Qualität im Glas landen. Vielleicht ist es am Ende auch das außergewöhnliche Terroir und die Genialität des Winzers. Zunächst aber erfordert diese Qualität in hohem Maße akribische Arbeit in Tausend kleinen Schritten. Dazu bedarf es ungeheurer Disziplin und einer tiefen Hinwendung zum Winzerberuf.

 

Und so entlässt uns Julian Huber aus dem Paradies wieder zurück in die raue Realität. Aber er verbindet den Abschied mit einer Verheißung: „Das Jahrhundert ist noch etwas jung, um über Jahrhundertjahrgänge zu reden. Aber 2018 ist schon ein außergewöhnlich guter Jahrgang“, gibt der Pinot-Winzer einen Ausblick auf das nächste Jahr. Und wenn selbst der bescheidene Starwinzer Außergewöhnliches ankündigt, muss man sich wohl die nächstjährige Präsentation des Weinguts Huber schon jetzt dick im Kalender anstreichen. 

 

Degustationsbeschreibung von Manfred Beismann, November 2019