Weingenuss im Grenzgebiet: Weingut Vincon-Zerrer

 

Rechtzeitig zum 70jährigen Landesjubiläum konnte die schon länger geplante Weinprobe des badischen Vereins für Weinkultur Kraichtal im württembergischen Weingut Vincon-Zerrer in Großvillars stattfinden. Die zwölf Teilnehmer wurden von Betriebsleiter Benjamin Zerrer an einem lauschigen Frühlingsabend mit zwei spritzigen Sekten im sonnigen Innenhof begrüßt.

 

Der Jungwinzer stellte das 11 Hektar große Öko-Weingut vor, das er 2017 von seinen Eltern übernommen hat. Bereits im 17. Jahrhundert waren die Vorfahren der Waldenser-Familie Vincon aus dem Piemont nach Württemberg ausgewandert. Bei einer ausführlichen Kellerführung mit Fassproben erläuterte der Winzer seine naturnahe Betriebsphilosophie mit Handlese, Spontanvergärung und geringer Schwefelung. So entstehen in dem Ecovin-Weingut vegane und individuelle Bio-Weine.

 

Im schön ausgebauten Proberaum erwartete die Weinfreunde eine üppig ausgestattete Käseplatte, die den Weingenuss bestens umrahmte:

 

-          Die weißen Gutsweine Riesling, Weißburgunder und Sauvignon Blanc aus dem neuen Jahrgang 2021 bildeten einen frischen Einstieg in die Weinwelt bei Vincon-Zerrer. Ein Kauf-Tip gilt dem Sauvignon Blanc. Der in der Lage Bergwald auf Gipskeuper und Schilfsandstein gewachsene Gutswein überzeugt mit expressiven Aromen wie Brennesseln, Stachelbeeren und grünem Paprika. Die weißen 2021er Terroir-Weine kommen erst in einigen Monaten in den Verkauf.

 

-          Die roten Gutsweine Sankt Laurent und Lemberger aus 2019 und der Spätburgunder aus 2020 sowie die 2019er Cuvee Facon (Portugieser, Cabernet Dorsa, Cabenet Dorio, Lemberger) bildeten einen überzeugenden Umstieg ins rote Segment. Die Rotweine werden bei Vincon-Zerrer in Holzfässern ausgebaut, darunter zahlreiche kleine Barrique-Fässer. Klarer Favorit bei den roten Basisweinen war der dunkelrote Lemberger mit einer dichten Textur und Aromen nach Veilchen, reifen Zwetschgen, Kirschen und Schokolade.

 

-          Ein deutlicher Qualitätssprung war bei den roten Terroir-Weinen aus 2019 zu erschmecken. Im Angebot sind Spätburgunder, Lemberger und eine Cabernet-Cuvee. Die größte Qualitätssteigerung zeigt der Spätburgunder vom Schilfsandstein. Der tiefrote Burgunder aus der Lage Soosberg zeigt in der Nase Johannisbeere und etwas Rauch. Am Gaumen hoher Extrakt und Aromen nach Johannisbeeren, Lakritz, Schokolade und Grafit. Kraftvolle Symbiose aus leicht bitteren und fruchtsüßen Noten. Auch der füllige Lemberger aus dem Schilfsandstein überzeugt mit schönen Tanninen und nerviger Säurestruktur. Der 18 Monate im alten und neuen Barriquefass gereifte Lemberger protzt mit Noten nach reifen Zwetschgen, schwarzen Kirschen, einem Hauch Holunder und Gewürzen. Trotz hoher Dichte und Komplexität bereits hohe Fließgeschwindigkeit.

 

-          Zum Abschluss stellte Benjamin Zerrer seine Naturweine Hans und Gloria und eine Kerner Beerenauslese vor. Bei den Naturweinen verbleiben die Schalen und Kerne nach der Spontangärung lange im Wein. Die Weine enthalten keinen zugesetzten Schwefel, erfahren keine Schönung und werden unfiltriert abgefüllt. Äußerst gelungen ist dabei der 2018er Lemberger Hans. Leuchtendes Rot mit violetten Reflexen. Die Nase zeigt sich ungezügelt, frisch und komplex. Aromen nach dunklen Waldbeeren, Grafit und Holunder. Der Lemberger wirkt ungemein vital und dicht. Komplexe Fruchtnoten nach Brombeeren und Zwetschgen. In der Folge Veilchen, Gewürznelken und Röstaromen. Ein Wein für Lemberger-Freaks.

 

Der Ausflug zum Weingut Vincon-Zerrer war eine gelungene Veranstaltung zum Landesjubiläum: Weingenuss für die badischen Besucher und guter Umsatz für den schwäbischen Winzer. Beste Harmonie in „The Länd“.

 

Degustationsbericht von Manfred Beismann, April 2022