Gut Hermannsberg, Niederhausen (Nahe)

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Viele Weinliebhaber träumen davon, einmal in ihrem Leben selbst Wein herzustellen. Diesem Traum kann man besonders gut bei einem Kurzurlaub auf Gut Hermannsberg an der Nahe nachspüren. Die inzwischen privatisierte, vormals Königlich-Preußische Weinbaudomäne hat im Wohnhaus des früheren Gutsdirektors einige stilvolle Gästezimmer eingerichtet. Wenn der Weinfreund bei Sonnenschein in den Lounge-Möbeln auf dem gepflegten Rasen inmitten der Spitzenlagen Kupfergrube und Hermannsberg schlummert, fühlt er sich wie Hermann Goedecke, der als Gutsdirektor über Jahrzehnte die Geschicke der Weinbaudomäne steuerte.

 

Das Königreich Preußen gründete 1902 die Weinbaudomäne als Lehr- und Mustergut. Für die Anlage der oberhalb des Guts gelegenen Spitzenlage Kupfergrube mussten Felsen einer Erzgrube gesprengt und unter Einsatz von zeitweise 200 Strafgefangenen gewaltige Erdbewegungen bewältigt werden. Nach dem 2. Weltkrieg ging das Gut auf das Land Rheinland-Pfalz über und wurde schließlich 2009 privatisiert. Die bewegte Geschichte des Gutes ist in dem von Frau Dr. Dinse im Tre Torri Verlag herausgegebenen Bildband nachzulesen. Für Weinliebhaber eine Pflichtlektüre, in der sie mehr über die Glanzzeiten der Weinbaudomäne erfahren. Damals verkosteten Mitglieder des britischen Könighauses sowie Politgrößen wie Theodor Heuss, Helmut Kohl und Francois Mitterand die Traumrieslinge der Domäne.

 

Dass man heute auf Gut Hermannsberg nicht nur stilvoll in dem Jugendstil-Ensemble übernachten, sondern wieder hervorragenden Wein verkosten kann, ist in erster Linie Dr. Christine Dinse und Jens Reidel zu verdanken. Die Investoren haben dieses Kleinod nicht nur erworben, sondern mit erheblichem finanziellen Aufwand zu einer singulären Wein-Location ausgebaut. Von den geschmackvoll eingerichteten Gästezimmern hat der Weinfreund einen einzigartigen Blick auf die Nahe mit der Luitpold-Brücke nach Oberhausen und auf die direkt angrenzenden Spitzenlagen des Weinguts.

 

Das heute 30 Hektar umfassende Gut verfügt ausschließlich über Große Lagen nach der VDP-Klassifikation, auf denen neben etwas Weißburgunder zu 95 % Riesling angebaut wird. Außer der Schlossböckelheimer Kupfergrube und dem Niederhäuser Hermannsberg besitzt das Gut Flächen in der legendären Traiser Bastei, der Niederhäuser Kertz, dem Niederhäuser Steinberg, dem Altenbamberger Rotenberg und dem Schlossböckelheimer Felsenberg. Dieses riesige Potenzial wird von Kellermeister Karsten Peter von Jahr zu Jahr besser ausgeschöpft:

 

 

-          Sekte und Weißburgunder

 

 

 

Gut Hermannsberg hat einen Riesling- Sekt Brut und einen Blanc de Blancs Brut im Programm. Der Riesling-Sekt empfängt den Genießer mit einer feinen Perlage und belebenden Frische.

 

Der im Edelstahl ausgebaute Weißburgunder Gutswein aus 2016 zeigt frische Mineralik und Aromen nach gelben Früchten wie Mirabelle. Wesentlich vollmundiger präsentiert sich der 2016er Weißburgunder „Halbstück“. Der im 600-Liter-Fass ausgebaute Pinot überrascht in der Nase mit deutlichen Aromen nach Feuerstein. Am Gaumen ein dichter und kräftiger Burgunder, der Nahe-Mineralität und dezente Frucht harmonisch vereint.

 

 

 

-          Riesling Gutsweine

 

 

 

Der trockene Gutswein „Just Riesling“ bietet einen gelungenen Einstieg in die Riesling-Welt von Gut Hermannsberg. Der 2016er verfügt mit 7% Säure über eine belebende Frische. Charakteristisch sind neben Grapefruit- und Citrus-Noten kräutrige Aromen nach Minze und Kamille. Der „Just Riesling“ ist als substanzreicher Sommer-Wein wärmstens - aber gut gekühlt -  zu empfehlen.

 

Der Riesling feinherb liefert ein ausgewogenes Zusammenspiel von Süße und Säure. Die Mineralität wird von exotischen Fruchtnoten begleitet. Der Wein bietet gerade zu asiatischen Gerichten pure Trinkfreude. Noch süßer präsentiert sich der Riesling Kabinett, der nur über 9,5 % Alkohol verfügt. Elegante Fruchtnoten mit einem dominierenden Grapefruit-Touch.

 

 

 

-          Riesling Ortsweine, Große Lagen, Große Gewächse

 

 

Verträumte Riesling-Liebhaber werden spätestens bei den Ortsweinen von Gut Hermannsberg hellwach. Zum Wachrütteln gibt es den 2016er „vom Schiefer“, quasi der Zweitwein aus dem Niederhäuser Hermannsberg. Ein typisch stahliger Nahe-Riesling, der sehr straight daherkommt. Zurückhaltende Klasse, die erst am Beginn ihrer Entwicklung steht und die komplexen Fruchtaromen nur dezent andeutet.

 

Es folgt die absolute Kaufempfehlung der Kollektion: Der 2016er „Vom Vulkan“ verfügt über eine explosive Riesling-Nase. Der aus der Schlossböckelheimer Kupfergrube stammende „Vulkan“ brilliert durch elektrisierende Spannung und prickelnde Vibration. Komplexe exotische Fruchtnoten tanzen mit Mirabelle- und Grapefruit-Aromen um die Wette. Im derzeitigen Entwicklungsstadium zugänglicher als der „Schiefer“.

 

Beim Steinterassen-Riesling wurden die Jahrgänge 2014 und 2015 probiert. Der Riesling ist eine Selektion aus den Großen Lagen und verfügt deshalb über eine fulminante Komplexität. Der 2014er zeigt wieder Noten nach Feuerstein und wirkt schon etwas gereifter. Der 2015er ist noch mehr von vielschichtigen Primärfruchtaromen geprägt, die ein schönes Wechselspiel mit der steinigen Mineralität eingehen.

 

Die hochwertigsten Großen Gewächse des Weinguts kommen erst zwei Jahre nach der Lese in den Verkauf, so dass die Spitzenrieslinge aus der Kupfergrube, dem Hermannsberg und aus der Bastei leider nicht verkostet werden konnten. Bei früheren Proben bestach der von Tonschiefer dominierte Hermannsberg durch große Komplexität und Dichte. In den Anfangsjahren wirkt das Große Gewächs meist noch zurückhaltend und puristisch. Die aus einer Kupfererzgrube mit Riesenaufwand vor über 100 Jahren gestaltete Kupfergrube bringt explosive und vielschichtige Weine hervor, die oftmals Noten von Feuerstein, Grapefruit und tropischen Früchten aufweisen. Die zwischen der Nahe und dem Felsmassiv des Rotenfels gelegene Bastei ist eine der spektakulärsten Weinlagen in Deutschland. Die Rieslinge aus der Bastei glänzen regelmäßig mit einer außergewöhnlichen Mineralität.

 

Im Angebot ist aktuell das 2015er Große Gewächs aus dem Altenbamberger Rotenberg. Der stoffige Riesling wächst im Alsenztal, einem Seitental der Nahe. Der „rotliegende“ Ryolith mit einem hohen Eisenanteil sorgt für straffe Mineralität. Ein kraftvoller Wein mit sanften Fruchtnoten nach Grapefruit und Mandarine. Mit dem Jahrgang 2016 stellt Gut Hermannsberg mit dem Schlossböckelheimer Felsenberg ein neues Großes Gewächs vor. Schon vor Verkaufsstart kann man die Prognose wagen, dass dies nicht das schlechteste Große Gewächs von Gut Hermannsberg werden wird. Die extrem steile Südlage zwischen Fluss und Felswand ist bereits zugänglich und präsentiert sich mit straffer Kühle und variantenreichen Fruchtaromen.

 

Gut Hermannsberg besitzt eine abwechslungsreiche Riesling-Kollektion auf hohem Niveau. Das Gut gehört heute wieder zur Spitzengruppe an der Nahe. Natürlich bleibt es auch zukünftig eine gewaltige Herausforderung, die Steillagen und die historische Gebäudesubstanz wirtschaftlich zu betreiben. Für den sanften Weintourismus an der Nahe ist Gut Hermannsberg aber eines der dringend notwendigen Leuchtturm-Objekte, die auf das gesamte Umland ausstrahlen. Es gibt nur wenige Häuser in Deutschland, in denen der gestresste Weinfreund in niveauvoller Atmosphäre direkt zwischen den Reben seinen Träumen nachspüren kann. Eine Oase der Ruhe. Bei der schnell eintretenden Entschleunigung kann der Weinfreund auch verkraften, dass er den Riesling nicht selbst produziert, sondern nur in vollen Zügen genießt.   

 

 

 

Kontaktdaten

Gut Hermannsberg

Ehemalige Weinbaudomäne

55585 Niederhausen

Tel.: 06758/92500

 

Mail: info@gut-hermannsberg.de

Internet: www.gut-hermannsberg.de

 

Weingutportrait von Manfred Beismann, Juli 2017