HP Pott: Der Mikrowinzer vom Elysium 

 

Regelmäßige Besuche im Sportstudio, ausgedehnte Radtouren durch die Kraichgauer Hügellandschaft und tägliches Zähneputzen auf einem Bein. Was macht der moderne Ruheständler nicht alles, um seine Fitness zu erhalten. Neben diesem Basisprogramm hat der pensionierte Kriminalbeamte Hans-Peter Pott (genannt: HP) ein weiteres Geheimnis für seine verblüffende Jugendlichkeit: Das Elysium.

 

Der 1952 geborene Pensionär bewirtschaftet in seinem „Unruhestand“ einen Weinberg im Obergrombacher Michaelsberg. Dieses Kraichgau-Refugium nannte HP „Elysium“. Das Elysium wird in Friedrich Schillers Text der Europahymne besungen. Elysium bedeutet in der Mythologie „Ort der Seligen“. Die Glücklichen, die einmal von HP zur blauen Stunde ins Elysium eingeladen wurden, verstehen sofort, weshalb HP seinem Weinberg diesen Namen gegeben hat.

 

Der Michaelsberg ist der Hausberg der Bruchsaler und wurde bereits in der Steinzeit besiedelt. Von der Michaelsberg-Kapelle haben Ausflügler einen wunderschönen Blick in die Rheinebene. Das Elysium befindet sich „um die Ecke“ am Eingang zum Grombachtal und bietet einen weiten Ausblick bis zum Nordschwarzwald. HP putzte das Areal schon rein optisch zu einem wahren Schmuckstück heraus.

 

Das 1971 nach Bruchsal eingemeindete Obergrombach ist eine alte Weinbaugemeinde. Am Michaelsberg finden sich aber nur kleine, zerstreute Reb-Parzellen. Mit seinen Winzerkollegen vom Michaelsberg pflegt HP einen regen, meist flüssigen Erfahrungsaustausch.

 

HP hat seit Beginn seiner Winzerkarriere den Anspruch, im Elysium hochwertige Weine zu produzieren. Akribisch tüftelte der Mikrowinzer an den einzelnen Stellschrauben für die Produktion edler Spitzenburgunder. HP pflanzte Spätburgunder-Rebstöcke des Freiburger Klons FR 113. Auch bei der Fassauswahl scheute HP keine Kosten. So kaufte er Barrique-Fässer der berühmten französischen Tonnellerie Rousseau. HP experimentiert je nach Jahrgang mit Erst- und Zweitbelegung der Holzfässer. Die Flaschen des Spätburgunders werden mit hochwertigen Naturkorken verschlossen (Stückpreis: 1,35 Euro).

 

Der seit dem Jahrgang 2010 produzierte Spätburgunder bekam natürlich den Namen „Elysium“. Das Etikett entwarf der Ettlinger Professor Hanspeter Münch. Das farbintensive Motiv des Kunstprofessors erfuhr in den letzten Jahren einen gelungenen Relaunch.

 

Die Weinbergs-Arbeit erledigt HP mit einer Akribie, die sich ein Haupterwerbswinzer schon aus Zeitgründen nicht leisten könnte. HP und seine tatkräftigen Helfer haben jede Traube der 323 Rebstöcke mehrfach persönlich in der Hand. Zur Mengenreduzierung werden Schultern und Spitzen der Trauben abgeschnitten. HP spritzt keine Herbizide. „Unter Stock“ wird gepflügt und gehackt. Bei der Handlese werden nicht perfekte Trauben einzeln entfernt. Die geernteten Trauben werden mit einer 70 Jahre alten Korbpresse von Hand gepresst. Nach zwei Jahren füllt HP den Wein - wieder von Hand - ab.

 

 

Für den Weinausbau ging HP eine Kooperation mit dem Kronauer Weingut Bosch ein. Diese Wahl erwies sich als Glücksfall. Der Betriebsinhaber Andreas Braunecker ist sicher einer der talentiertesten Winzer im Kraichgau. Der Spätburgunder Terra Sigma des Weinguts Bosch und HPs Elysium stehen in jedem Jahrgang in einem gesunden Wettbewerb.  

 

HP betreibt in Sachen Spätburgunder intensive Fortbildung. Der Mikrowinzer trinkt nicht nur seine eigenen Weine, sondern leistet sich auch hochwertige Pinots anderer Winzer. Um selbst guten Pinot erzeugen zu können, muss man ja wissen, wie Top-Pinots schmecken. HPs Keller in Obergrombach ist daher mit großartigen Pinots bestückt. Vor allem vom württembergischen VDP-Weingut Dautel dürften dort noch nennenswerte Bestände lagern. Nach einer Weinprobe bei Dautel hatte HP versehentlich neben dem Bestellformular auch das eigentlich für ihn selbst bestimmte Duplikat abgegeben. Die prompt gelieferte doppelte Flaschenzahl des schwäbischen Edelwinzers dürfte in den kommenden Jahren aber dankbare Abnehmer finden.

 

Die akribische Arbeit im Weinberg hat sich gelohnt. Seit dem Jahrgang 2010 gelingen HP Spätburgunder, die zu den Spitzenprodukten im Kraichgau gehören. Bei einer 2023 mit dem Verein für Weinkultur Kraichtal durchgeführten Elysium-Vertikalprobe der Jahrgänge 2010 – 2020 bewiesen die Spätburgunder durchgängig eine hohe Qualität. Selbst die ersten Jahrgänge des Elysiums zeigten nach über einem Jahrzehnt in der Flasche noch eine wunderbare Frische. Hochinteressant waren auch die stilistischen Jahrgangsunterschiede. Bei der Vertikal-Probe landeten die Jahrgänge 2015, 2020, 2013 und 2010 auf den vorderen Plätzen. Eine aktuelle Verkostung des noch jungen 2022er Elysiums ergab, dass der Novize in den kommenden Jahren mit diesen Spitzenjahrgängen konkurrieren kann.

 

Der Siegerwein aus 2015 zeigt in der Nase rote Beeren und Kirschen. Am Gaumen folgen saftige Fülle und mollige Harmonie. Der Elysium hat eine milde Säure und enormen Druck. Noten nach Himbeere und Brombeere dominieren. Üppige Kraft paart sich mit nobler Eleganz. Der 2015er Elysium hat einen langen Nachhall. Ein kompletter Spätburgunder auf Top-Niveau.   

 

Der 2022er Elysium fließt in dunklem Rubinrot ins Glas. Die Nase gibt neben der typischen Kirsche etwas Eukalyptus und Lavendel frei. Am Gaumen überzeugt der komplexe Pinot mit weichen Tanninen und schöner Würze. Ein frischer Säurenerv und eine satte Fülle prägen das Gesamtbild. Noten nach schwarzer Kirsche, reifen Waldbeeren und dunkler Schokolade treten hervor. Beim zweiten Schluck entdeckt der Verkoster Eiskonfekt, florale Noten und feminine Eleganz. Eine beachtliche Länge im Abgang komplettiert den Weingenuss.

 

Neben dem Spätburgunder Elysium produziert HP aus seinen Trauben noch einen spritzigen Rosé. Der rare Tropfen mit Suchtpotenzial wird von Jahr zu Jahr besser. Bei einer aktuellen Vergleichsprobe konnte der frische Rosé aus dem Obergrombacher Michaelsberg problemlos mit internationalen Top-Rosés mithalten. 

 

Der 2024er Rosé verfügt über eine lebendige Lachsfarbe. Die Nase zeigt neben der typischen Erdbeere eine überraschende Gelbfruchtigkeit. Am Gaumen surft der Rosé dann auf einer vibrierenden Frischewelle. Komplexe Aromen wie Erdbeere, Himbeere und Quitte werden von Salbei-Noten begleitet. Der aus Spätburgunder-Trauben gewonnene Rosé besitzt eine feine Mineralik und einen zupackenden Grip. Der Rosé entpuppt sich als enorm kippfreudig.

 

HP scheut sich nicht, seine Weine mit den Produkten prominenter Winzer zu vergleichen. So stellt er den Elysium regelmäßig - über das Partnerweingut Bosch - bei renommierten Weinführern an. In der nachstehenden Tabelle werden die Bewertungen der Weinführer Vinum, Gault Millau, Eichelmann und meine eigene Benotung für den Elysium Spätburgunder der Jahrgänge 2010 – 2022 dargestellt: 

 

Jahrgang

Vinum

Gault Millau

Eichelmann

Mani Beismann

 

2010

 

88

   

2011

 

87

86

 

2012

 

87

87

88

2013

86

88

87

89

2014

     

89

2015

88

 

87

90

2016

88

90

87

90

2017

88

 

88

89

2018

   

88

90

2019

89

 

89

 

2020

88

 

88

90

2021

86

   

89

2022

     

90

  

Beim Meininger Rotweinpreis erhielt der Elysium gleichfalls hervorragende Bewertungen (Jahrgang 2014: 89 Punkte, Jahrgang 2016: 90 Punkte).

 

Zur Erläuterung dieser Bewertungen sei angemerkt, dass ein Wein im internationalen 100-Punkte-Bewertungssystem ab 90 Punkten einen „hervorragenden Wein“ darstellt. Darüber gibt es nur noch die Stufe „Weltklasse“. Von den hohen Bewertungen des Elysiums können viele hauptberufliche Winzer nur träumen.

 

Der Elysium und der HP Rosé sind rare Unikate. Vom Elysium wird regelmäßig ein Barrique-Fass ausgebaut. Dies entspricht pro Jahrgang etwa 300 Flaschen. Der Rosé hat gleichfalls eine geringe Auflage, so dass die Abgabe an Dritte schon limitiert werden musste. Die Weine dienen zunächst dem Eigenverbrauch von HP. Weil HP gerne Besuch im Elysium bewirtet, ist damit ein beachtlicher Teil des Kontingents bereits verplant. Wenige Flaschen der Edeltropfen gehen an gute Freunde. Wer von HPs „Boutique-Weingut“ eine Flasche ergattern kann, darf sich glücklich schätzen.

 

HP ist seit 2015 Mitglied im Verein für Weinkultur Kraichtal. Mit seiner Praxiserfahrung bereichert HP die Veranstaltungen des Vereins. Beliebt sind seine Weinproben in Obergrombach und natürlich die Einladungen ins Elysium. Auch als großzügiger Spender für die Weinbestände des Vereins hat sich HP große Verdienste erworben. Inzwischen ist HP als Beisitzer auch im Vorstand des Vereins aktiv.  

 

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass im fortgeschrittenen Alter - neben körperlicher Betätigung - vor allem soziale Kontakte das Wohlbefinden steigern. Insofern ist das Elysium mit seiner Mischung aus Weinbergs-Arbeit und Ort des geselligen Beisammenseins mit Gleichgesinnten für HP tatsächlich ein „Ort der Seligen“.

 

So bleibt zu hoffen, dass HP noch viele Jahre Weine im Elysium produzieren kann. Wir werden uns von der Qualität der Weine gerne jedes Jahr - möglichst am „Ort der Seligen“ - überzeugen. 

 

Weingutportrait von Manfred Beismann, September 2025