Weingut Schlör, Wertheim-Reicholzheim (Baden)

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Schwarzriesling Ortswein: ausverkauft; Schwarzriesling „R“: ausverkauft. Die Weinkenner, die im Weingut Schlör im tauberfränkischen Reicholzheim Weine dieser Burgunder-Rebsorte einkaufen wollten, sind zunächst etwas enttäuscht. „In den letzten Wochen wurden unsere Schwarzrieslinge in zwei Fernsehsendungen empfohlen. Da ist die Nachfrage sprunghaft gestiegen“, erklärt Konrad Schlör fast entschuldigend. Das Weingut Schlör produziert mit dem Weingut Seeger fast in jedem Jahrgang die besten Schwarzrieslinge in Deutschland.

Erst 1984 gründeten Monika und Konrad Schlör ihr Weingut in der nordbadischen Weinregion Tauberfranken. Sie traten aus der örtlichen Genossenschaft aus und schlossen die zuvor erfolgreich betriebene Besenwirtschaft. Denn Konrad Schlör hatte ein klares Ziel vor Augen: hochwertige Weine mit individuellem Charakter. Er wollte zeigen, dass in dieser oft vergessenen Region des lang gestreckten Anbaugebiets Baden Spitzenweine erzeugt werden können.

Monika und Konrad Schlör vergrößerten die Betriebsgröße von 3,5 auf 6,5 Hektar. „Wir wollen aber nicht weiter wachsen. Bis auf wenige saisonale Helfer können wir so im Weingut noch alles selber machen“, beschreibt Monika Schlör die Philosophie des Hauses. Nach schwierigen Anfangsjahren mit einigen Wetterkapriolen kam spätestens 1999 der überregionale Durchbruch mit einem 2. Platz beim Deutschen Rotweinpreis in der Königskategorie Spätburgunder. In den Folgejahren belegten sie weitere Spitzenplätze natürlich auch mit dem legendären Schwarzriesling. 2010 wurde Schlör als einziges Weingut in Tauberfranken Mitglied im Eliteverband VDP Baden. Ein Ritterschlag für das vergleichsweise junge Weingut. Dieser rasante Aufstieg vom Traubenlieferanten in die Eliteliga des deutschen Weinbaus war möglich, weil Konrad Schlör im Reicholzheimer First (historische Schreibweise: Fyerst) Flächen in einer exponierten Spitzenlage mit herausragenden Muschelkalkböden besitzt. Hier bauten schon die Zisterzienser des benachbarten Klosters Bronnbach vor Jahrhunderten Wein an. Nicht nur im Taubertal ist dies ein klares Indiz für wertvolle Anbauflächen. Weiter ist Konrad Schlör ein kompromissloser Qualitätsfanatiker, der mit Akribie jeden Arbeitsschritt im Interesse einer hohen Qualität optimiert. Bereits bei den einfachen Weinen findet im Weingut Schlör eine rigorose Ertragsreduzierung statt. Diese Komponenten führten zu der Spitzenstellung des Betriebs in der gesamten Region, die sich auch im aktuellen Sortiment widerspiegelt:

-          Bereits im Basissegment besticht der saftige Müller-Thurgau Ortswein mit nussigen und leicht pfeffrigen Aromen sowie Noten nach Äpfeln und Muskat. Dieser preisgekrönte Müller-Thurgau zeigt exemplarisch, dass Ertragsbeschränkung zu charaktervollen Weinen führt. Wegen der hohen Erträge mit weit über 100 Hektolitern je Hektar ist der Müller-Thurgau in Deutschland in Verruf geraten.  „Da wächst der Schorle schon am Stock“, beschreibt Monika Schlör diese Praxis, der das Weingut Schlör mit seinem Müller-Thurgau (50 Hektoliter je Hektar) erfolgreich entgegenwirkt. Es folgt ein frischer Silvaner mit schöner Nase und typisch kräutrigen Aromen. Man spürt den Einfluss des benachbarten Anbaugebiets Franken.

 

-          Bei den Rieslingen bietet Schlör den stoffigen, noch etwas verschlossenen 2014er Ortswein an. Einen Qualitätssprung bringt der 2013er Riesling aus der Ersten Lage des Reicholzheimer First. In der Nase würzige Kräuter und Limonen-Noten. Am Gaumen kommen Aromen nach Limetten und exotischen Früchten dazu. Aus den ältesten Anlagen des Weinguts wird das 2013er Große Gewächs aus dem Reicholzheimer First gewonnen. Ein filigraner Riesling mit eleganten Limonen- und Citrus-Noten. Ein langer Abgang unterstreicht das große Potenzial dieses Rieslings.

 

-          Das eindeutige Highlight im weißen Segment ist das Weißburgunder Große Gewächs aus dem Fyerst. Derzeit hat der 2013er gegenüber dem Folgejahrgang die Nase vorn. Beide Jahrgänge haben aber noch großes Entwicklungspotenzial. Der 2013er verströmt schöne Fruchtnoten nach Birne und Mirabelle. Am Gaumen kommen florale Noten, Grapefruit und Orangenschalen hinzu. Die Stärke dieses komplexen Weins ist aber die zarte Eleganz, der die dichte Struktur und den gekonnten Holzeinsatz zu einem ungemein harmonischen Gesamtbild zusammen fügt. Ein großartiger Weißburgunder, der bundesweit in der Spitzengruppe mitspielt.

 

-          Im roten Segment beweisen die Spätburgunder von Konrad Schlör große Klasse. Der Ortswein unterstreicht die Mineralik des Muschelkalks und bringt angenehme Himbeer- und Kirsch-Noten zum Vorschein. Der Spätburgunder aus der 1. Lage verfügt über eine rauchige Nase, am Gaumen schmeckt man eine vielschichtige Komplexität mit Noten nach Johannisbeeren und Brombeeren. Das Flaggschiff ist das 2012er Spätburgunder Große Gewächs aus dem Fyerst. Der in klassischer Maischegärung ausgebaute Burgunder verströmt in der Nase rauchige Röstaromen. Im Mund verbinden sich weiche Tannine, eine seidige Textur und betörende Eleganz zu einem stimmigen Gesamteindruck. Im Abgang besitzt der Pinot extreme Länge und einen endlosen Nachhall. Alle Spätburgunder von Konrad Schlör dokumentieren die Ausrichtung des Weinguts: keine alkoholischen Wuchtbrummen, sondern stilsichere Eleganz und individuelle Harmonie.

 

-          Zum Abschluss hellen sich die Minen der Verkoster endgültig auf: Monika Schlör zaubert - zumindest zum Probieren - noch einen 2006er und einen 2013er Schwarzriesling „R“ aus dem Reicholzheimer First hervor. Der 2006er beweist in diesem schwierigen Jahrgang seine bewundernswerte Langlebigkeit mit rauchigen Beeren-Noten und unheimlicher Eleganz. Auch der 2013er ist ein eleganter Pinot, mit dem Schlör wieder einmal beweist, was mit dieser unterschätzten Rebsorte in Deutschland möglich ist. Ein filigraner Wein mit feiner Würze, vielschichtigen Beeren-Noten und facettenreichen Kräuter-Aromen. Großes Kino!

Zwar gibt es aktuell keinen Schwarzriesling im Weingut Schlör zu kaufen. Die gute Nachricht ist aber, dass die Folgejahrgänge bereits im Keller des Weinguts heranreifen. „Das ist doch ein guter Grund, nächstes Frühjahr wieder bei uns vorbei zu schauen“, meint Konrad Schlör. Da kann man dem Traubenkünstler nur beipflichten. Und dies nicht nur wegen der Schwarzrieslinge. Bei allen Rebsorten verfügen Monika und Konrad Schlör über ein stimmiges Sortiment mit individuellen, eleganten Charakterweinen.

 

Kontaktdaten

Weingüter Schlör

Martin-Schlör-Str. 22

97877 Wertheim-Reicholzheim

Tel.: 09342/4976

Mail: info@weingut-schloer.de

Internet: www.weingut-schloer.de

 

Weingutportrait von Manfred Beismann, November 2015