Lange Nacht der Weinkeller des VDP Baden am 26.11.2016

 

„Ich fahre nach Sinsheim-Odenheim“, erklärte der Busfahrer bei der „Langen Nacht der Weinkeller“ des VDP Baden kurz vor Mitternacht seinen zunehmend aufgewühlten Passagieren. Vor der Abfahrt beim Weingut Hoensbroech hatte er einem Teil seiner Fahrgäste erklärt, dass er nach Sinsheim fährt. Der Mehrheit der Fahrgäste, die eine S-Bahn pünktlich erreichen mussten, bestätigte der Fahrer mehrfach das Fahrziel „Bahnhof Odenheim“. Das Problem war nur, dass Sinsheim und Odenheim 20 Kilometer voneinander entfernt, in ziemlich genau entgegengesetzter Richtung liegen. Ergebnis: Zuerst Fahrt nach Sinsheim, danach nach Odenheim, S-Bahn längst weg. 

 

Dies war aber die einzige Panne der ansonsten gut organisierten Veranstaltung des VDP Baden. In den stimmungsvoll ausgeleuchteten Kellern der Weingüter Heitlinger, Hoensbroech und Seeger konnten etwa 80 Weine der 19 VDP-Weingüter aus ganz Baden verkostet werden.

 

Anders als bei der GG-Premiere des VDP-Gesamtverbands in Berlin stehen beim VDP Baden nicht die Rieslinge, sondern die Burgundersorten im Mittelpunkt. Die aus allen Regionen Badens vom Bodensee bis nach Tauberfranken angereisten Weingüter enttäuschten die Weinfreaks nicht. Mit den folgenden Empfehlungen geben wir einige Einkaufstipps:  

 

 

  Weingut Heitlinger (Östringen-Tiefenbach)

 

 

 

Das Weingut Heitlinger stellte mit seinem 2014er Pinot Blanc Eichelberg (GG) unter Beweis, dass es in seinem Spitzensegment individuell ausgebaute Weißburgunder mit Format zu bieten hat. Der in 600 bis 1200 Liter-Fässern gelagerte Pinot aus den höchstgelegenen Lagen des Weinguts hat eine salzige Mineralik und enormen Druck.

 

 

 

  Weingut Salwey (Vogtsburg-Oberrotweil)

 

 

 

Außerhalb des eigentlichen Programms demonstrierte Konrad Salwey mit dem 2008er Grauburgunder Eichberg (GG) aus der Magnum-Flasche, dass man große Burgunder nicht zu früh öffnen sollte. Wunderbar weiche florale Noten, sanft umspielt von Aromen nach Karamell und Rosinen. Ein dichter Genuss in optimaler Trinkreife.

 

 

 

  Weingut Schloss Neuweier (Baden-Baden/Neuweier)

 

 

 

Wenn in Baden von gutem Riesling die Rede ist, landet man oft in der Ortenau. Das Weingut Schloss Neuweier hat 2015 eine Reihe schöner süßer Rieslinge in die Flasche gebracht. Exemplarisch ist die Auslese Fass 11 vom Neuweierer Mauerberg zu nennen. Der Wein aus 1. Lage verfügt über ein spannungsreiches Süß-/Säure-Spiel mit vielschichtigen Aromen nach Limonen.

 

 

 

  Weingut Schlör (Wertheim-Reicholzheim)

 

 

 

Das einzige VDP-Mitglied aus Tauberfranken erlebt zurzeit einen Hype. Zwar hatte der sympathische Winzer wieder keinen seiner chronisch ausverkauften Schwarzrieslinge dabei. Neben guten Spätburgundern glänzte Konrad Schlör aber mit seinem 2015er Weißburgunder First (GG). Kein Lautsprecher, sondern ein subtiler Pinot mit gut eingebundenem Holz und feinen Birnen- und Mandelnoten. Ein glänzender Essensbegleiter.

 

 

 

  Weingut Wöhrle (Lahr)

 

 

 

Im Breisgau gehören die Burgunder des Lahrer Weinguts Wöhrle zur absoluten Spitze. Musterbeispiel ist der 2015er Chardonnay Gottesacker (GG) mit angenehmer Cremigkeit, gut eingebundenem Holz, aber trotzdem spürbarer Säure. Auch dem 2014er Spätburgunder aus dem Lahrer Kronenbühl – Selection Carl – gilt eine klare Kaufempfehlung. Der Wein aus 1. Lage war vergleichsweise kurz im Holzfass. Er ist mit seinen schönen Beerennoten und weichen Tanninen bereits trinkreif.

 

 

 

  Weingut Seeger (Leimen)

 

 

 

Thomas Seeger hat ein gutes Händchen für Cuvées. Dies wird nicht nur durch zahlreiche Spitzenplätze beim Deutschen Rotweinpreis bestätigt, sondern auch durch die weiße Cuvée Georg aus 2015. Eine runde Burgunder-Cuvée mit wunderbar weichen Aromen nach Karamell und Kokos. Insgesamt hat das Weingut Seeger 2015 eine großartige Weißwein-Kollektion vorgestellt.

 

 

 

  Weingut Dr. Heger (Ihringen)

 

 

 

Der Regionalvorsitzende des VDP Baden hat die meisten seiner 2015er GG bereits verkauft. Aber auch die Weine aus der 1. Lage haben bei Joachim Heger absolutes Spitzenniveau. Aus der Top-Lage Ihringer Winklerberg stellte Heger gut gelaunt den im Barrique ausgebauten Chardonnay vor. Ein eleganter Burgunder mit schön eingebundenem Holz und schmelzigen Bananen-Noten. Ein Kuschel-Wein.

 

 

 

  Weingut Andreas Laible (Durbach)

 

 

 

Seit Jahrzehnten steht der Name Andreas Laible für Spitzenrieslinge aus Durbach. Seit einigen Jahren arbeiten Andreas Senior und Andreas Junior Hand in Hand. Aus der starken 2015er Kollektion sticht der Steinrassel aus dem Durbacher Plauelrain hervor. Expressive Frucht und exotische Opulenz prägen diesen Riesling aus 1. Lage. Unheimlich viel Riesling zum vernünftigen Preis.

 

 

 

  Weingut Bercher (Vogtsburg-Burkheim)

 

 

 

Jedes Jahr eine sichere Bank für weiße und rote Burgunder ist das Weingut Bercher aus Burkheim. Bereits der 2015er Weißburgunder Burkheim zeigt schöne Mineralik und trinkige Frische. Der Ortswein hat ein ausgezeichnetes Preis-/ Genuss-Verhältnis. In der Spitzenliga deutscher Grauburgunder spielt der 2014er Feuerberg Haslen. Der vulkanische Ursprung sorgt für eine spannungsgeladene Struktur mit ausgeprägter Mineralik.

 

 

 

 

 

  Weingut Franz Keller (Vogtsburg-Oberbergen)

 

 

 

Die gesamte weiße und rote Burgunder-Palette kann das Weingut Franz Keller auf hohem Niveau aufbieten. Aus dem auch am Kaiserstuhl grandiosen Jahrgang 2015 präsentierte das Weingut den Weißburgunder aus dem Oberbergener Pulverbuck (1. Lage). Ein eleganter, fein strukturierter Wein, der die Mineralität der Bassgeige mit zarten Fruchtnoten verbindet.

 

 

 

  Weingut Bernhard Huber (Malterdingen)

 

 

 

Es ist bewundernswert, wie Julian Huber nahtlos in die Fußstapfen seines zu früh verstorbenen Vaters Bernhard getreten ist. Auch im schwierigen Jahrgang 2014 zaubert das Weingut hochklassige Spätburgunder in die Flasche. Die unterhalb der GG angesiedelten „Alten Reben“ verfügen wieder über eine unnachahmlich tiefe Frucht nach roten Johannisbeeren. Der aktuelle Jahrgang scheint in diesem frühen Reifestadium bereits deutlich zugänglicher als seine Vorgänger. Wunderbar eingebundene Tannine bilden ein schönes Gerüst für die komplexen Fruchtnoten und die belebende Säure.

 

 

 

 

 

Das Konzept des VDP Baden, die Spitzenweine seiner Mitglieder an der Wirkungsstätte „Weinkeller“ zu präsentieren, ist aufgegangen. Zwar gibt es beim VDP Baden zwischen den Mitgliedsbetrieben deutliche Niveauunterschiede. Die Spitzenweingüter zählen aber im Burgunderbereich zur nationalen Spitze. So konnte an diesem Samstagabend jeder Gast einige Tropfen für die bevor stehenden Feiertage finden. Bedenkzeit war ja ausreichend gegeben…….

 

 

 

Der Ablaufplan des VDP Baden für die „Lange Nacht“ gab folgenden Ratschlag: „Sollten Sie von den Bahnhöfen in Eppingen, Sinsheim oder Odenheim gestartet sein, achten Sie bitte darauf, dass Sie mit den festgelegten Bussen dorthin zurück gelangen. Ebenso sollten Sie darauf achten, dass Sie rechtzeitig an Ihren geplanten Endpunkt gelangen.“

 

 

 

Unser Ratschlag an das Busunternehmen: „Geben Sie den Fahrern einen Fahrplan mit und sagen Sie ihnen, dass die Zielorte einzuhalten sind. Statten Sie die Fahrer – anstatt mit Navis – mit Landkarten aus. So groß ist der Kraichgau nun auch wieder nicht.

 

 

 

Am Ende zählt aber: Weine gut, alles gut!

 

 

Degustationsbeschreibung von Manfred Beismann, November 2016