Weingut Heymann-Löwenstein, Winningen (Mosel)

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Der Terroir-Magier führt in höhere Riesling-Spähren

 

Schon wenn sich der Besucher dem Winninger VDP-Weingut nähert, verstärkt sich das Gefühl, dass hier alles etwas anders ist. So erhebt sich neben der alten Villa des Weinguts Heymann-Löwenstein ein Anbau, der von einem in der Sonne silbrig schimmernden Kubus dominiert wird. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich der Kubus als „Holzwürfel“, der mit silber-metallischen Edelstahl-Texten aus der “Ode an den Wein“ des chilenischen Literatur-Nobelpreisträgers Pablo Neruda ummantelt ist.

 

Am Eingang empfängt dann eloquent, selbstbewusst und locker der Magier des deutschen Wein-Terroirs: Reinhard Löwenstein. Nachdem der Meister mit geschultem Blick festgestellt hat, dass es sich bei der Besuchergruppe nicht um einen Kegel-Club handelt, führt er mit wachsender Begeisterung zunächst in sein „Reich“. Im Keller mit Jahrzehnte altem Kellertuch sorgt eine überdimensionierte „Pan-Flöte“ in den gelagerten Weinen für besondere Schwingungen. Auch der durch den Keller führende Wasserlauf wirkt sich positiv auf die hier ruhenden Riesling-Schätze von der Terrassen-Mosel aus.

 

Im stilvoll als Verkostungsraum ausgebauten Gewölbekeller referiert der Magier dann entlang der Weinverkostung über den „Klang der Schiefer“. Parallel zu den aufgebotenen acht Spitzen-Rieslingen führt Reinhard Löwenstein mit Gesteinsproben seine Spitzenlagen Röttgen, Uhlen und Stolzenberg vor. Er referiert über die Geschichte des Weinguts, die Unterschiede des Schiefer-Terroirs und den hohen Arbeitseinsatz von 2.700 Stunden je Hektar in den steilen Terrassen. Und im Sog der Ausführungen von Reinhard Löwenstein gelangen die Zuhörer immer stärker zur Erkenntnis: Der wahre Weinkenner genießt ausschließlich trockene Schiefer-Rieslinge von der Terrassen-Mosel. In jedem Fall verpönt er die (Originalzitat) „Plastik-Weine“ aus dem Supermarkt.

 

Man kann zu den Begleitumständen des Herstellungsprozesses bei Heymann-Löwenstein sicher unterschiedlicher Auffassung sein, aber die Wahrheit fließt letztlich im Glas. Und hier vernimmt man ohne jeden Zweifel den „sound of slate“:

 

-        Schieferterrassen 2021

Der Riesling stammt aus den 1. Lagen des Weinguts, der auf dem Schiefer der devonischen Rittersturzschichten wächst. Die Schieferterrassen bestehen aus grauem bis gelb-braunem Schiefer von 12 Parzellen mit einer Fläche von 5,2 ha.

 

Der Schieferterrassen wird aus den besten Weinbergen rund um Winningen, in deutschen Stückfässern und Edelstahl ausgebaut. Spontan vergoren. Wunderbar reife Nase, charmant und duftig, Schiefer-Würze, weißer Pfirsich, Citrus, Orangenblüte und Grapefruit. Intensive Nase, reife Melone, weißer Pfeffer im Finale. Die präsente Säure ist wunderbar weich und dominierend.

 

-        Vom blauen Schiefer 2021

Der seltene Blauschiefer besitzt eine markante Mineralstruktur. Die beiden Parzellen mit 0,5 Hektar und einer Hangneigung von 100 – 150 Prozent sind mit durchschnittlich 45 Jahre alten Reben bestockt. Der Riesling zeigt sich sehr lebendig, komplex und saftig. Frische Minze, weißer Pfirsich und Birne. Cremigkeit und gelbes Obst.  Der Blaue Schiefer animiert mit kühler Eleganz.

Eine Attacke auf die Geschmackssinne und eine absolute Kaufempfehlung.

 

-        Stolzenberg GG 2021

 

Die Top-Lage in Hatzenport erzeugt rassige Rieslinge. Grau-brauner, sandiger Schiefer. Feine Fruchtaromen nach Grapefruit und Pfirsich, aber auch mineralische Aromen wie Tee und Kräuter. Verschlossen, Schiefer-Riesling mit Pfirsich. Recht cremige Frucht im Mund, feine Säure und präsente, herb würzige Mineralität. Rassige Säure und dichte Länge.

 

-        Röttgen GG 2021

 

Die Terrassen der Winninger GG-Lage Röttgen entstanden durch Sprengungen des preußischen Militärs in den 1820er Jahren. Devon, Rittersturz-Schichten und blauer Schiefer in 4 Parzellen mit 2,1 ha und einer Hangneigung von 100 bis 170 %, Durchschnittsalter der Reben: über 60 Jahre, davon ist ein hoher Anteil wurzelecht. Der Riesling vergärt mit wilden Hefen im Holzfass.

 

Der Weinberg des Röttgen liegt direkt am Fluss auf Schieferterrassen. Sehr steiniger, karger Weinberg, überaus mineralisch. Der Riesling ist spontan vergoren im großen Holzfass. Er verbleibt bis zur Füllung auf der Hefe im Fass. Der vibrierende Röttgen zeigt sich in der Nase intensiv steinig mit Feuerstein und Kreidenoten. Feine Fruchtnoten von weißem Pfirsich, Grapefruit und Birne. Der Mund ist charmant und expressiv. Melone, Weinbergpfirsich, druckvoll mit Volumen. Dunkle Phenolik, Saftigkeit und Säure sind fein gewoben. Ein Klassiker.

 

-        Uhlen Blaufüsser Lay GG 2020

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Der Blaufüsser Lay zeigt kühle Minze, Bergamotte und Salbei. Ausladende und erdige Struktur. Die Mitte wirkt von heller Frucht und Feuerstein getragen, von kühlen Kräutern und nassem Stein. Die Säure ist präsent und pikant, leicht salzig.

 

Ein Wein mit schwebender Balance. Kreidig mit Grip und salzigem Zug.  Herbe Kühle mit frischer Minze. Ein Wein mit köstlicher Balance.

 

-        Uhlen Laubach GG 2020

 

Mit dem Winninger Uhlen hat Reinhard Löwenstein Reben an einer der spektakulärsten und besten Weinlagen der Mosel. Die Formation Laubach liegt geographisch und auch sensorisch mittig zwischen dem Blaufüsser Lay und dem Rothlay. Laubach hat die höchsten Kalksteinanteile im Schiefer. Die Nase durchzieht eine salzige Mineralität. Steinobst, Aprikose, Weinbergpfirsich, Grapefruit, Blutorange und Wiesenkräuter. Der Laubach ist tief und erhaben. Das feine Spiel des Schiefers zeigt sich im Laubach als samtige Vibration auf der Zunge, kraftvoll und reif, aber ebenso verspielt und fein. Der Kalk gibt dem Riesling ein animierendes Element. Beeindruckende Textur und Länge aus dem steinig-kräutrigen Kern. Ein ausdrucksstarker und in sich ruhender Riese.

 

-        Uhlen Roth Lay GG 2020

 

Der Roth Lay wächst auf klassischem Devonschiefer mit sehr hohem Eisengehalt, also rötlich gefärbtes Verwitterungsgestein. Er verbleibt bis zum übernächsten Frühjahr auf der Vollhefe. Sehr tiefe, ruhige Nase, gelbe und rote Frucht mit feinen Citrus-Nuancen. Mandarine, Grapefruit und Orangenschale. Präsenz und Intensität, aber gleichzeitig balanciert und samtig. Die Nase strahlt Kühle aus, als würde alles über dunkles Gestein laufen. Erinnert an Meeresfrüchte in seiner feinen Salzigkeit. Das einzigartige an Roth Lay ist seine ruhige Präsenz. Wunderbar cremig und fein. Intensives Finale. Unendlich Länge, vibrierend und samtig zugleich.

 

-        Roth Lay Auslese 2019

 

Heymann-Löwenstein steht zwar zunächst für trockene Rieslinge. Aber natürlich sind auch die süßen Gewächse von außergewöhnlicher Qualität. Die Roth Lay Auslese aus 2019 empfängt in kräftigem goldgelb. Ein intensiver Duft von Grapefruit und reifen Pfirsichen; am Gaumen herbe Grapefruit, Pfirsich, Mirabellen und Mandarine.

Mineralischer Citrus-Steinobstduft mit rauchigen Aromen. Reife, sehr saftige süße Frucht mit kräutriger Würze und floralen Nuancen. Reife Substanz und Tiefe, ein Hauch dunkler Beeren, sehr guter, fester Abgang mit süßem Saft, Kandisnoten, pflanzlichen Tönen und Mineralik.

 

Zum Abschluss der unvergesslichen Probe erscheint noch die Tochter von Reinhard Löwenstein. Sarah Löwenstein hat den Betrieb von ihrem prominenten Vater bereits übernommen. Und wenn man die beiden Protagonisten erlebt, gibt es keinen Zweifel: Bei Heymann-Löwenstein bleibt auch in Zukunft alles etwas anders.

 

Kontaktdaten

Weingut Heymann-Löwenstein

Bahnhofstr. 10

56333 Winningen

Tel.: 02606/1919

Mail: info@hl.wine

Internet: www.hl.wine

 

Weingutportrait von Manfred Beismann, Mai 2023