Weingut Van Volxem, Wiltingen (Mosel/Saar)

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Die Riesling-Denkmäler des Roman Niewodniczanski

Schon von der anderen Seite der Saar sieht man auf dem Bergkamm der gegenüberliegenden Weinlagen das neue Wahrzeichen des Saar-Weins: Den mit hellem Travertin leuchtenden „Besucher-Turm“ des Weinguts Van Volxem und den daneben liegenden „Betriebs-Quader“. Kommt man auf das weitläufige Betriebsgelände, das sich bei gutem Wetter in kurzer Zeit zur Pilgerstätte entwickelt hat, fällt sofort ein über 2 Meter großer Hüne auf: Weinguts-Eigentümer Roman Niewodniczanski läuft, wie von einer Duracell-Batterie angetrieben, von einer Besuchergruppe zur nächsten Besuchergruppe. Hier eine Begrüßung, dort ein Schnappschuss und gleich ein Schlückchen Riesling.

 

Der Besuch auf Van Volxem wird zum Erlebnis, wenn „Niewo“ wie er allgemein genannt wird, die Führung durch das Weingut selbst übernimmt. Natürlich ist der Gebäudekomplex mit einem Investitionsvolumen von über 20 Mio. Euro ein Eye-Catcher. Der aus der Bierbranche stammende Quereinsteiger hat das Weingut im Jahr 2000 erworben. Seither arbeitet er rund um den Globus an der Realisierung seiner Mission, den Saar-Riesling wieder an der Spitze der Weinwelt zu verankern. Wer mit Niewo die Weine von Van Volxem probiert, hat nicht den geringsten Zweifel, dass er dieses Ziel erreicht. Den größten Teil der Wegstrecke hat er bereits zurückgelegt.  Van Volxem steht heute mit an der Spitze des trockenen Saar-Rieslings und die weltweite Resonanz an seinen Weinen ist im Steigflug begriffen.

 

In den letzten 20 Jahren hat Niewo nicht nur den mächtigen Neubau realisiert, er hat den Betrieb auf eine Größenordnung von 100 Hektar erweitert und dabei von über 600 Eigentümern Grundstücke gekauft. Niewo hat längst vergessene Lagen - wie den Ockfener Geisberg – wieder entdeckt und neu bestockt. Mit seinen Mitstreitern im VDP hat er den deutschen Riesling wieder auf die Weinkarten der internationalen Spitzenadressen gebracht. Was die Faszination des Riesling-Besessenen ausmacht, ist der ganzheitliche Ansatz seiner Riesling-Leidenschaft. Das beginnt mit der professionellen, wohl geerbten Leistungsbereitschaft, geht weiter mit dem ausgeprägten geologischen und historischen Interesse, es folgt die fundierte Marktdurchdringung und die Detailbesessenheit. Dazu kommen Führungsqualitäten und ein ausgeprägtes Entertainer-Talent. Bei der Betriebsführung erfährt man unheimlich viel über uralte Weinkarten aus Sterne-Restaurants, historische Lagenkarten preußischer Steuerbeamter, Eichenholz für Fässer aus familieneigenen Wäldern oder nachhaltige Energieversorgung. Das Kernthema bei der Besichtigung ist aber natürlich der Wein:

 

Niewo entschuldigt sich, dass viele Spitzenweine ausverkauft sind und die Folgejahrgänge noch reifen. Aber auch das, was aktuell versucht werden kann, ist absolute Spitzenklasse:  

 

-        Zur Begrüßung kredenzt eine sympathische Mitarbeiterin im „Park“ zwei Sekte. Genau das Richtige nach dem steilen Anstieg an einem heißen Frühlingstag. Der Pinot-Sekt wird aus Weißburgunder und Chardonnay erzeugt. Nach zwei Jahren Flaschengärung überzeugt der Sekt mit cremigem Nuss-Bouquet und gelben Fruchtaromen. Der Riesling Sekt brut 1900 hat nach fünf Jahren Flaschengärung eine feine, lebendige Perlage mit frischen Citrus-Noten.

 

-        Nach der Gutsbesichtigung schenkt Niewo im „Besucherturm“ zunächst Burgunderweine mit Blick auf die umliegenden Steillagen aus. Der 2021 Weißburgunder aus Schiefersteillagen ist ein hervorragender Einstieg mit fruchtiger Nase und eleganter Seidigkeit. Am Gaumen folgen nussige Noten und weiße Frucht. Erstes Highlight ist der folgende Chardonnay Windvogt aus 2019. Wunderbare Harmonie entsteht aus der Balance von elegantem Holzeinsatz, reifen Fruchtaromen und prägender Schiefer-Mineralität.

 

-        Beim Riesling zeigt Niewo den bei Lidl vertriebenen, aus zugekauften Trauben erzeugten Riesling. Gut gemachte Basis-Qualität zu einem fairen Preis. Der Wein macht Wein-Einsteigern Lust auf „richtigen“ Van-Volxem-Riesling. Und tatsächlich gibt es einen deutlichen Qualitätssprung beim 2021er Saar-Riesling. Vibrierendes Süß-/Säurespiel, etwas Rauch, Ananas und schöne Apfel-Note. Der 2017er Saar-Riesling macht klar, dass Saar-Riesling einige Jahre reifen sollte, um seine ganze Größe zu zeigen. Geradlinig mit Citrus-Noten und etwas Karamell. Dieser Riesling sollte als Prototyp des Saar-Rieslings in jeden Keller.

 

-        Es folgen die 2020er Ortsweine aus Saarburg und Kanzem. Der goldgelbe Saarburger Riesling aus steilen Lagen ist ein vibrierender, druckvoller Wein mit feiner Schiefer-Mineralik. Einen Tick stärker ist der Kanzemer Riesling. Der Ortswein überzeugt mit ungeheurer Spannung, Mineralität und Salzigkeit.

 

-        Van Volxem steht zwar zuerst für trockenen Riesling. Aber Niewo erzeugt auch feinherbe und süße Weine, die oftmals die Stärken der Saar voll ausspielen. Der VV Riesling aus 2021 ist der feinherbe Einstiegswein in diesem Segment. Ungemein süffig mit gelben Fruchtnoten wie Aprikose und Pfirsich. Im Zusammenspiel mit der animierenden Säure und der Mineralität entwickelt sich ein satter Trinkfluss. Es folgt der faszinierende 2021er feinherbe Rotschiefer Kabinett. Aus eisenhaltigem rotem Schiefer entsteht eine Symbiose aus reifer Frucht, zarter Süße und feiner Säure. Ein Wein mit Suchtpotenzial und zu diesem Preis absolut konkurrenzlos. Der fruchtsüße 2020er Ockfener Bockstein Kabinett stammt aus einer der besten Steillagen der Saar. Devonschiefer und Grauwacke sind die Basis für feinwürzige Rieslinge mit atemberaubender Tiefe und Struktur. Solche Weine entstehen weltweit nur an der Saar.

 

-        Auf meinen besonderen Wunsch präsentiert Niewo quasi als Premiere den 2021er Geisberg Kabinett. Und man versteht beim ersten Schluck, wieso Niewo dieses Wahnsinnsprojekt am Ockfener Geisberg angegangen ist. Dies wird mit Sicherheit wieder eine absolute Toplage für Riesling. Goldgelb in der Farbe und hedonistisch im Duft. Am Gaumen präsentiert sich der Geisberg Riesling Kabinett Grosse Lage von Van Volxem mit intensiver Frucht nach Pfirsich, Aprikosen, weißen Blüten und Orangenschale. Ein cremiges und einladendes Aromen-Wunder führt gepaart mit der milden Säure und der Mineralik zu vollendeter Harmonie. Wer vom Geisberg einige Flaschen ergattern kann, darf sich glücklich schätzen.

 

Auch ohne die Großen Gewächse erlebten wir eine unvergessliche Verkostung mit Roman Niewodniczanski. „Ich mag Denkmale mit Leuten, die etwas Besonderes geleistet haben “, sinnierte der Starwinzer bei der Weinprobe. Zumindest zwei Denkmale hat Niewo in seinem bisherigen Leben bereits geschaffen: Seinen Besucherturm als modernes Wahrzeichen des Saar-Weins und die „wiederbelebte“ Weinlage Geisberg. Ich kann nicht prophezeien, ob das Gebäude oder die Weinlage in 100 oder 200 Jahren die größere Ikone sein wird. In jedem Fall werden aber beide Denkmale ewig mit dem Namen des Wein-Besessenen Roman Niewodniczanski verbunden sein.

 

Kontaktdaten

Weingut Van Volxem

Zum Schlossberg 347

54459 Wiltlingen

Tel.: 06501/802290

Mail: office@vanvolxem.com

Internet: www.vanvolxem.com

 

Weingutportrait von Manfred Beismann, Mai 2022