2021  Riesling Ockfener Geisberg Kabinett                                                           

Weingut Van Volxem, Leiwen (Mosel/Saar)

21 Euro

Roman Niewodniczanski ist ein im positiven Sinne Weinverrückter. Seit Niewo – wie er allseits genannt wird – im Jahr 2000 das Saar-Weingut Van Volxem kaufte, strebt er unermüdlich danach, dem Saar-Riesling wieder seine Weltgeltung zu verschaffen, die er vor über 100 Jahren einmal hatte. Hierfür hat er nicht nur einen 20-Millionen-Neubau als neues Wahrzeichen des Saar-Rieslings in die Landschaft gesetzt, Niewo hat auch sein Lagen-Portfolio stetig erweitert.

 

Sein Herzensprojekt ist die „Wiederbelebung“ der Lage Ockfener Geisberg. Beim Studium alter Dokumente erkannte Niewo den Wert der „vergessenen“ Spitzenlage. Die von Benediktinern im Mittelalter angelegte Fläche war früher eine der wertvollsten Lagen an Mosel und Saar. Hohe Bewirtschaftungskosten ließen den Geisberg in den 1970er Jahren vollständig brachfallen. Niewo erwarb am Geisberg von zahlreichen Eigentümern inzwischen 14 Hektar und begann 2016 mit der Rekultivierung. Seit dem Jahrgang 2020 können wir die ersten Weine aus der auferstandenen Top-Lage genießen.

 

Der 2021er Ockfener Geisberg Kabinett zeigt sich goldgelb im Glas. In der Nase üppige Aromen roter Äpfel. Am Gaumen folgt eine überwältigende, reife Frucht, wieder mit Äpfeln, Birnen, im Hintergrund aber auch Mandarine und Grapefruit. Umrahmt wird die Frucht von Kräutern, floralen Noten und einer tiefen Mineralik. Ein hochfeiner, geschliffener Riesling mit Eleganz, Dichte und schöner Länge. Der Kabinett deutet erst an, was aus dem Geisberg in den nächsten Jahren noch zu erwarten ist.

 

Man kann Niewo nur beglückwünschen. Der immense Aufwand für die Rekultivierung des Geisberg hat sich gelohnt. Der Geisberg wird in den nächsten Jahren wieder eine Spitzenstellung an Mosel und Saar einnehmen. Dem „Retter des Geisberg“ sei Dank!

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Juli 2024


2021  Riesling Oberemmeler Altenberg

Kabinett süß                                                           

Weinmanufaktur Petershof, Konz-Oberemmel (Mosel)

13 Euro

 

Was für eine Granate. Hier ist es wieder: Das weltweit einzigartige Süß-/Säurespiel der Saar-Rieslinge. Die junge Weinmanufaktur Petershof erzeugt aus dem Oberemmeler Altenberg süße Rieslinge von Weltklasse-Format.

 

Die Reben des 2021er Kabinetts wachsen im steilsten Teil des Oberemmeler Altenbergs in über 300 Metern Höhe. Die Südwest-Hangausrichtung und der graue Schiefer sind die Basis für einen Riesling mit moderaten Mostgewichten. Die ganzen Trauben für den Kabinett werden sanft gepresst und spontan im alten Eichenfuderfass vergoren.

 

Der Riesling fließt in hellem goldgelb mit leichten Grünreflexen ins Glas. In der Nase grüner Apfel, Mango und Maracuja; später kommt etwas Honig hinzu. Am Gaumen folgt wie ein Stromschlag die elektrisierende, vibrierende Riesling-Säure. Der Power-Trunk wird umschmeichelt von Fruchtaromen wie Orange, saftiger Mandarine und rotem Pfirsich. Leicht phenolische Dichte und rassige Mineralität. Perfekt ausbalanciertes Süß-/Säurespiel. Unheimliche Länge.

 

Kabinett-Rieslinge sind ja aktuell im Trend. Deshalb dürfte dieser Riesling vom Petershof nicht lange ein Geheimtipp bleiben. Mit Peter Thelen verfügt das Tälchen über einen Rohdiamanten, der Kabi-Freunden in den nächsten Jahren große Trinkfreude bereiten dürfte. Gratulation! Weiter so!

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Januar 2024 


2019  Riesling Scharzhofberger
Kabinett feinfruchtig                                                           

Weingut von Hövel, Oberemmel (Mosel/Saar)

20,90 Euro

Mythos Scharzhofberg. Aus dieser legendären, reinen Riesling-Lage an der Saar kommen die teuersten Weißweine der Welt. Die Spitzenpreise erzielen dabei edelsüße Rieslinge vom Weingut Egon Müller, das für eine Trockenbeerenauslese schon mal 12.000 Euro erhält. Pro Flasche, nicht pro Fass.

 

An der 28 Hektar großen Steillage in Wiltingen besitzen neben Egon Müller noch andere Weingüter Rebflächen. Unter den glücklichen acht Eigentümern befindet sich auch das Traditionsweingut von Hövel aus Oberemmel. Das in 7. Generation heute von Max von Kunow bewirtschaftete Gut verfügt neben anderen Spitzenlagen immerhin 2,8 Hektar im Scharzhofberg.

 

Feinfruchtige Weine sind die Stärke des Weinguts von Hövel. Dies wurde wieder beim „ausgefallenen“ Saar-Riesling-Sommer 2020 deutlich. Einzelne Winzer hatten ein regelkonformes, gesetztes Ersatzprogramm ausgearbeitet und stießen dabei auf dankbare Resonanz der eingefleischten Riesling-Gemeinde.

 

Der Scharzhofberger zeigt sich in einem blassen goldgelb. Die Nase verspricht ein besonderes Geschmackserlebnis mit einer reifen rot-grünen Apfelnote. Am Gaumen spürt man eine für einen Kabinett ausgesprochen tiefe, fast cremige Komplexität. Die über 40 Gramm Restzucker werden durch die Säure wunderbar ausgeglichen. Unheimliche Harmonie aus den Schieferverwitterungsböden, der Süße und einer animierenden Bitternote. Die Bitternoten differenzieren sich in roten Apfelschnitz, Blutorange und Pampelmuse. Eine fast mystische Tiefe und Vielschichtigkeit. Ein wahrer Schatz, der bei wenig Alkohol starken Genuss bietet. Solche Kabinett-Weine hat weltweit nur die Saar und in der Spitze der Scharzhofberg. 

 

Idealer Speisenbegleiter zu asiatischen, gut gewürzten Gerichten.

 

Übrigens: Wer vollendete Kundenbetreuung in der Service-Wüste Deutschland erleben will, muss sich an den Adel halten. Nachdem in Oberemmel am Sonntag kein Taxi aufzutreiben war, organisierte Max von Kunow quasi als Benefit noch die Rückfahrt zum Hotel. Darauf einen letzten Schluck des magischen Rieslings.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Juni 2021


2018  Riesling Auslese Grand Ayl                                                            

Weingut Peter Lauer, Ayl (Mosel/Saar)

32,50 Euro

Schon bei der Verkostung im Weingut Peter Lauer stach die grandiose Auslese Grand Ayl aus dem vielfältigen Angebot herausragender Rieslinge hervor. Assoziationen nach Creme Brulee und Karamell dominierten die Nase. Jetzt im Alter von vier Jahren hat sich der „Wahnsinnstropfen“ nochmals weiterentwickelt:

 

In der Nase sind immer noch Karamell-Noten erkennbar. Diese werden aber umrahmt von exotischen Früchten. Am Gaumen trotz immenser Dichte ein in einer tänzelnden Leichtigkeit aufspielendes Frucht-Orchester. Maracuja, Aprikose, Pfirsich und Apfel wechseln sich ab. Bei aller Opulenz wirkt der Riesling sehr belebend. Der Wein steht noch minutenlang im Glas. Der Grand Ayl gehört sicher zu den großen Rieslingen. Sein Genuss ist ein typisches Once-in-a-Lifetime-Erlebnis.

 

Solche fruchtsüßen Auslesen von der Saar sind weltweit einzigartig. Die perfekte Harmonie, eine sich wandelnde Aromen-Vielfalt und das ausgewogene Frucht-Säure-Spiel sind nicht reproduzierbar. Und Florian Lauer zählt an der Saar zu den Großmeistern dieser Wein-Ikonen.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Dezember 2022 


2017 Riesling der Kabinett (süß)

Weingut Cantzheim, Kanzem (Mosel/Saar)

14 Euro

 

Im Weinbau an der Saar scheinen physikalische Kräfte zu wirken. Wie ein Magnet zieht in der Region eine Großinvestition die nächste an. Der Hype fördert den Hype. Und die einst eher verschlafene Saar ist plötzlich der place to be. Ein weiteres Schmuckstück an der Saar ist das wundervoll restaurierte Weingut Cantzheim in Kanzem. Mit großem Aufwand wurde in den letzten Jahren das 1740 für das Weingut des Prämonstratenserklosters Wadgassen errichtete Gutshaus renoviert und um moderne Elemente erweitert. In diesem Schmuckstück kann man nicht nur Wein kaufen, sondern auch übernachten oder Feste feiern. In Cantzheim gründeten Anna und Stephan Reimann 2016 ihr Weingut, das über hervorragende Steillagen an der Saar verfügt. So werden Trauben aus dem berühmten Kanzemer Altenberg, dem Kanzemer Sonnenberg und dem Saarburger Fuchs gekeltert.

 

Bei den Weinen sucht das Weingut zielstrebig seinen Stil. Generell haben die süßen Rieslinge wie meist an der Saar Vorteile. Der Jahrgang 2017 scheint einen Tick besser als der Folgejahrgang. Highlight im Jahrgang 2017 war der süße Kabinett. Goldgelbe Farbe und komplexe Fruchtaromen in der Nase animieren zum ersten Schluck. Und Cantzheim vereinigt in diesem Kabinett die unverwechselbaren Stärken der Saar-Rieslinge. Verspielte Leichtigkeit und schlankes Süß-Säure-Spiel. Ein Strauß von Fruchtaromen vom reifen Apfel über Maracuja hin zu Aprikosen. Die frische und milde Säure entwickelt eine Kippfreudigkeit, die nach kurzer Zeit die Message verbreitet: „Flasche leer!“

 

Cantzheim hat das Potenzial, um mit den Big Playern in der Region mithalten zu können. Dies ist angesichts der offensiven Preisgestaltung wohl auch der Anspruch. 

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Oktober 2019


2016 Riesling Spätlese Kinheimer Rosenberg

Weingut Geschw. Albertz Erben

Alfred Merkelbach, Ürzig (Mosel)

8,50 Euro

 

 

`Zurück in die Zukunft‘, könnte hier das Motto sein, wenn man die Weine der Gebrüder Merkelbach verkostet. Alfred Merkelbach ist unlängst 84 Jahre alt geworden. Alfred sowie sein zwei Jahre jüngerer Bruder Rolf übernahmen 1951, bedingt durch den plötzlichen Tod ihres Vaters, das Weingut.

 

Seit dieser Zeit bewirtschaften die beiden Junggesellen beste Parzellen in den Lagen Ürziger Würzgarten, Erdener Treppchen und Kinheimer Rosenberg. Auch wenn sich die beiden Weinfreaks altersbedingt in der Anbaufläche verkleinert haben, so zaubern sie doch immer noch wahre Kunstwerke in die Flasche. Die beiden Brüder scheinen ihr Leben dem Wein gewidmet zu haben! Auf die Frage, an welchem Ort auf der Welt sie einmal gerne Urlaub machen würden, antwortete der ältere Bruder Alfred:

 

„Nirgendwo möchten wir hingehen. Der schönste Platz auf dieser Erde ist unser Weinberg mit unvergänglichem Blick auf die Mosel.“ Unermüdlich bringen die beiden jung Gebliebenen Jahr für Jahr klassische Mosel--Rieslinge hervor, die ihresgleichen

suchen. Klein aber fein ist die aktuelle Kollektion. Gerade einmal 12.000 Flaschen vermarkten die Merkelbachs. Gut 80% davon gehen in den Export, die restlichen 20% an ihre treuen Endkunden.

 

Bei meinem letzten Besuch bei den Merkelbachs in Ürzig, durfte ich die 2016er Kinheimer Rosenberg Spätlese verkosten.

Ihre Mutter, aus Kinheim stammend, brachte diesen alter Wingert in die Ehe mit ein. Geradezu ein Geheimtipp ist diese Lage. Nicht so bekannt wie der Ürziger Würzgarten oder das Erdener Treppchen, steht der Kinheimer Rosenberg den Spitzenlagen in nichts nach. 

 

In die Nase strömt ein süßlicher Duft nach reifem Pfirsich und nassem Schiefergestein. Leicht Gold schimmernd im Glas, reflektiert die fruchtige Spätlese das Sonnenlicht und wirft unergründliche Schatten an die Wand. Im Mund zarte Noten nach Ananas, gelben Früchten, Reneklode und einem Hauch von Gold-Kiwi. Seine verspielte Art, exotische Noten, getragen von einer wundervollen Schiefer-Mineralik mit herrlichem Trinkfluss, erheben diesen Ausnahmewein zu einem wahren Monument moselanischer Riesling-Kultur! Druckvoll, ausladend in den Primäraromen sowie zart im Abgang lässt sich dieser Wein zusammenfassend beschreiben:

 

In diesem Weingut liegt in der Vergangenheit die Zukunft! Warum neue Wege gehen, wenn Tradition und jahrzehntelange Erfahrung herausragende Ergebnisse erbringen? Es sind nicht diese modern gemachten Weine mit hohen Säurewerten, schlank und vibrierend, sondern die vollmundigen fruchtigen und runden Weine, die hier im Weingut punkten.

 

Auf die Frage hin, ob sie noch ihren siebzigsten Jahrgang auf die Flasche bringen, antwortete Alfred M. nachdenklich:

„Mal sehen, was die Zeit so bringt…“

 

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, August 2018 


2016 Riesling Kabinett Niedermenninger Sonnenberg

Weingut Stefan Müller, Konz-Krettnach (Saar)

7,50 Euro

Wer ist das beste Trüffelschwein in Wein-Deutschland? Natürlich der Verein für Weinkultur Kraichtal. Im August 2017 hatte ich nach einem Besuch beim Saar-Riesling-Sommer allen Weinliebhabern empfohlen, sich bei dem (noch) günstigen Preisniveau mit dem 2016er Saar-Riesling von Stefan Müller einzudecken. Die besondere Empfehlung galt dem fruchtsüßen Kabinett aus dem

Niedermenniger Sonnenberg mit über 50 Gramm Restzucker. Wenige Monate später avanciert der Jungwinzer Stefan Müller zur Entdeckung des Jahres im Gault Millau und der empfohlene Riesling erhält 92 Punkte im neuen VINUM-Weinführer. Ein Glückskind, wer sich für 7,50 Euro mit diesem Prachtstück eindeckte.

 

Die Vinifikation des Rieslings erfolgte mit Ganztraubenpressung und Spontanvergärung. Das Pflanzjahr 1963 und die niedrigen Erträge von 40 hl/ha bürgen für Substanz und Volumen. Der opulente Kabinett vibriert mit strahlender, glasklarer von der knackigen Säure geprägten Rasse. Als Konterpart strahlen üppige Fruchtaromen nach reifen Äpfeln, Pampelmuse, Banane und Orangenschale. Der Riesling tänzelt prickelnd über die Zunge und schwebt leichtfüßig ins edelsüße Himmelreich. Ein Paradebeispiel für den unnachahmlichen Saar-Riesling.

 

Man muss kein Wahrsager zu sein, um Stefan Müller in den nächsten Jahren einen Aufstieg zu den wirklich großen Namen an der Saar zu prophezeien. Das 10 Hektar große Weingut wird bereits in dritter Generation von der Familie geführt. Riesling macht 80 % der Rebfläche aus. In den Weinbergen wird generell auf Herbizide und synthetisch hergestellte Dünger verzichtet. Beim nächsten Saar-Riesling-Sommer dürfte eine Nachbestellung fällig sein.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Februar 2018 


2015 Riesling Kanzemer Altenberg Kabinett

Weingut von Othegraven, Kanzem (Mosel/Saar)

13,50 Euro

 

 

 

 

Seltsamerweise steht im Weingut von Othegraven in Kanzem der Wein selten im Mittelpunkt, wie folgende Szene beschreibt: Saar-Riesling-Sommer im Weingut von Othegraven. Am Weinstand schenken Inhaber Günther Jauch und einer seiner Mitarbeiter aus. Beim TV-Star bildet sich eine Schlange aus 30 meist weiblichen Besuchern, bei seinem Mitarbeiter verlieren sich etwa fünf

Weininteressierte. Als die junge Frau - mit dem Smartphone bewaffnet - sich zu Jauch nach vorne gekämpft hat, fragt der Fernsehmoderator, ob sie trockenen oder süßen Riesling probieren will. „Trocken“, antwortet die Frau aufgeregt.

„Trockenen Riesling bekommen Sie bei meinem Nachbarn“, erwidert Jauch. „Äh, äh, dann trinke ich doch lieber einen süßen Riesling“, haucht die Dahinschmelzende.

 

Eine gute Entscheidung. Nicht nur wegen des obligatorischen Selfies der Dame mit Günther Jauch, sondern weil die feinherben und süßen Rieslinge die Stärke beim Weingut von Othegraven sind. Der 2015er Kabinett stammt von der imposanten Rebenwand hinter der Villa, aus dem Kanzemer Altenberg. In diesem Spitzenjahrgang hat das Saar-Gut von Othegraven absolute Top-Weine hervorgebracht. Der süße Riesling fließt in hellem Goldgelb ins Glas.

Schon die Nase offenbart eine einzige Fruchtexplosion. Am Gaumen folgt das schier unbeschreibliche Zusammenwirken von süßer Frucht, leicht rauchigen Schiefernoten und pfeilgeradem Säurenerv. Die Parade-Lage von Günther Jauch zeigt Fruchtaromen nach Maracuja, Aprikosen, Melone, etwas Grapefruit, Orange und exotischer Papaya. Das Besondere dieser Saar-Unikate sind aber die vermeintlichen Gegensätze wie pralle Leichtigkeit und süße Säureader. Das Prachstück aus dem Devon-Schiefer des Altenbergs ist mit nur 8,5 % Alkohol ein leichter Kabinett der Extraklasse. Hedonistischer Genuss pur.

 

Jetzt stand im Weingut von Othegraven doch mal der Wein im Mittelpunkt. Geht doch!

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, November 2018 


2015 Riesling Kabinett Bockenauer Felseneck

Weingut Schäfer-Fröhlich, Bockenau (Nahe)

14,50 Euro

 

 

Tim Fröhlich ist seit einigen Jahren zusammen mit den Weingütern Dönnhoff und Emrich-Schönleber das Aushängeschild für Weltklasse-Rieslinge von der Nahe. Bei einer Verkostung seines Sortiments faszinieren zunächst die vibrierenden trockenen Rieslinge. Diese haben in Spitzenjahrgängen wie 2015 ein elektrisierendes Frucht-Säure-Spiel. Die anschließend angebotenen süßen Rieslinge machen bei Schäfer-Fröhlich zwar nur 8 Prozent des Angebots aus, tragen aber ganz wesentlich zum Weltruf des Weinguts bei. Diese süßen Weine

sind weltweit gefragt. Dies beweist schon der Exportanteil des Betriebs von 50 Prozent.

 

Der Einstieg in die süße Riesling-Welt ist bei Tim Fröhlich der Kabinett aus dem Bockenauer Felseneck. Die kühle Spitzenlage des Weinguts ist mit blauem Schiefer durchsetzt. Nach dem Öffnen der Flasche hat man die

typische Sponti-Note in der Nase. Nachdem die Sponti-Noten schnell verflogen sind, kommen bei dem hellgelb, grün schimmernden Riesling Aprikosen-Aromen und eine lockende Schiefer-Mineralik zum Vorschein. Am Gaumen offenbart der Felseneck eine fast schwebende Leichtigkeit. Komplexe Fruchtnoten nach grünem,

aber reifem Apfel, rotbackigem Pfirsich und wieder Aprikosen verzücken den Genießer. Die 45 Gramm Restzucker verblüffen, weil die verspielte Süße von einer knackigen Säureader und der belebenden Schiefer-Aromatik fast atomisiert wird. Der Felseneck überzeugt mit einer genialen Saftigkeit. Grandiose, filigrane Ausdrucksfähigkeit führen bei nur 8 Prozent Alkohol zu anhaltendem Trinkfluss.

 

Tim Fröhlich personifiziert wie kein anderer die Stärken des Anbaugebiets Nahe: Rieslinge mit bodengeprägter Mineralität, stahliger Säure und dezenter Frucht. Die Besonderheit der süßen Rieslinge liegt in der

Kombination filigraner Leichtigkeit, packender Energie und belebender Spannung. Der Felseneck Kabinett ist mit seiner perfekten Ausprägung dieser Vorzüge ein wahrer Klassiker.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Februar 2019 


2014 Riesling Mullay-Hofberg Kabinett

Weingut Melsheimer, Reil (Mosel)

10 Euro

Das Bio- sowie Demeter-zertifizierte Reiler Weingut Melsheimer bewirtschaftet Steillagen in der Lage Mullay-Hofberg, die ihm zu 90% gehört. Thorsten Melsheimer, der 1995 in den Betrieb einstieg, bearbeitet seine Weinberge nach biodynamischen Prinzipien. Das verleiht seinen Weinen Authentizität, Kraft und Präzision. Der 2014er Mullay-Hofberg Kabinett verströmt im Glas Düfte nach gelbem Fruchtfleisch und zarten Schiefertönen. Grüner Apfel, Quitte sowie Ananasaromen erheben diesen Wein zu einem wahren Geschmackserlebnis. Dieser extrem schlanke, reintönige Riesling mit gerade einmal 7,5% Alkohol ist trotz allem tiefgründig und facettenreich. Die dezente Süße gibt ihm dabei eine unglaubliche Leichtigkeit. Er steht exemplarisch für einen perfekt vinifizierten Kabinett Wein.

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, August 2015


2012  Riesling Herrenberg Spätlese                                                           

Weingut Maximin Grünhaus, Mertesdorf (Mosel)

14,80 Euro

Ein glockenklarer Riesling, einem Gebirgsbach gleich rinnt er kühl und rein die Kehle hinunter.

Feinste Schieferaromen mit einem Hauch Minze verzücken den Genießer und lassen ihn den Frühling spüren.

Rassige Säure in perfektem Einklang mit feinster Süße wähnt den Liebhaber im Weinolymp.

Der Leichtigkeit eines Schmetterlings gleich, gleitet der Wein völlig schwerelos den Mund hinunter

und offenbart ein grandioses Geschmackserlebnis.

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, Februar 2015


2011 Riesling Ockfener Bockstein Spätlese

Weingut Dr. Wagner, Saarburg (Saar)

13,80 Euro

 

Ein Wein zum Niederknien. Vibrierende Säure in perfektem Einklang mit feiner Fruchtsüße. Der Wein explodiert förmlich im Mund, um sich dort dann wohlig warm auszubreiten. Feine Zitrus- und Mirabellearomen sowie ein Hauch reifer Mandarinen verzücken den Gaumen und hallen endlos nach. Beim zweiten Schluck erscheint der grandios ausbalancierte Wein völlig schwerelos und wähnt den Genießer im Paradies. Hier ist dem Weingut Dr. Wagner ein wahrhaft großer Wurf gelungen. Chapeau!

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, Mai 2015


2011 Riesling Ürziger Würzgarten Auslese

Weingut Geschw. Albertz Erben Alfred Merkelbach, Ürzig (Mosel)

9 Euro

Schon beim ersten Schluck schmeckt man den roten Schiefer des Ürziger Würzgartens auf der Zunge. Feine Würznoten gepaart mit einem schieren Fruchtbouquet verleihen dieser Auslese einen besonderen Charakter. Ein klassischer Mosel Riesling, der in seiner Machart zeitlos erscheint und immer begeistern wird. Die Gebrüder Merkelbach verstehen ihr Handwerk. Mehr als 60 Jahrgänge haben die beiden Junggesellen bereits auf die Flasche gebracht. Das winzige Weingut der beiden alten Herren hat zudem äußerst verbraucherfreundliche Preise.

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, März 2015


2011 Riesling Veldenzer Carlsberg Spätlese                                                           

Weingut Becker-Steinhauer, Mülheim (Mosel)

8 Euro

Die kleine Lage Veldenzer Carlsberg liegt in einem Seitental der Mosel. Der Carlsberg hat ein besonderes Mikroklima und befindet sich im Alleinbesitz des Weinguts Becker-Steinhauer. Die Stärke dieses 8 Hektar großen Weinguts liegt eindeutig bei den süßen Rieslingen. Die 2011er Spätlese aus dem Carlsberg präsentiert sich in einem kräftigen Goldgelb. Im Bouquet volle, facettenreiche Fruchtaromen. Am Gaumen süße Frucht nach Honigmelonen, Steinobst und Orangenschalen. Die noch spürbare Säure und die Schiefer-Mineralität verleihen dem Riesling trotz der voluminösen Fruchtigkeit Frische und Lebendigkeit.  Der Riesling zeigt vier Jahren nach der Lese eine gute Balance und keinerlei Alterungsnoten. Im Abgang hallt der Riesling lange nach.

Die Einzigartigkeit der süßen Mosel-Rieslinge wird im Ausland regelmäßig mehr geschätzt als in Deutschland. Dabei gibt es für diese Weine vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Neben der asiatischen Küche bietet sich vor allem Käse (z. B ein milder Blauschimmel) als idealer Begleiter an. Der Riesling bietet viel Wein für wenig Geld.

Weinempfehlung von Manfred Beismann, August 2015


2010  Riesling Auslese Scharzhofberg                                                          

Weingut Egon Müller, Wiltingen (Mosel/Saar)

Ca. 357 Euro (Marktpreis 2021)

Er gilt als bester Produzent edelsüßer Weine weltweit: Egon Müller aus Wiltingen an der Saar. Eine Trockenbeerenauslese von Egon Müller aus dem legendären Scharzhofberg ist der teuerste Weißwein der Welt. Der Scharzhof wurde 1797 im Zuge der napoleonischen Umwälzungen vom französischen Staat privatisiert. Die Rebflächen standen davor über Jahrhunderte in kirchlichem Besitz. Egon Müller besitzt einen Teil des 27 Hektar großen Scharzhofbergs. Seit vier Generationen tragen die „Familienoberhäupter“ bei den Müllers den Vornamen Egon. Und der Sohn des aktuellen Chefs, Egon Müller IV, heißt natürlich Egon. Ansonsten ist der Riesling-Magier sehr bescheiden und legt wenig Wert auf Publicity. Egon Müller lässt lieber seine Weine sprechen. 

 

Die höheren Qualitäten der Scharzhof-Rieslinge kann man nicht einfach im Weingut kaufen; sie werden eher zugeteilt oder versteigert. Kommt man trotzdem einmal in den Genuss, einen solchen Wein verkosten zu dürfen, ist das für jeden Weinfreund ein besonderes Erlebnis.

 

Die 2010er Auslese vom Scharzhofberg war im Gault Millau Spitzenreiter bei den Riesling-Auslesen. Nach 11 Jahren zeigt sich die Auslese in mittlerem Goldgelb. In der Nase entwickelt sich nach und nach eine unheimliche Fruchtfülle. Zunächst dominiert Nektarine. Am Gaumen eine ausgeprägte Viskosität und Dichte; ölig ist die falsche Beschreibung, weil der Riesling eine fast zarte Feinheit besitzt. Die Weine vom Scharzhofberg haben eine leichte Rauchigkeit und eine unergründliche Tiefe von der Schiefer-Mineralität. Nach einigen Minuten im Glas entwickeln sich in der immensen Fruchtsüße immer neue Aromen wie Quitte, Aprikose, Mango und Birne. Dabei wirkt die Frucht nie „pappig“, denn sie wird im Zaum gehalten von einer weichen Säure. Daneben werden Aromen nach Minze, herber Grapefruit und eine Salzigkeit schmeckbar. Das Geschmackswunder solch großer Weine ist die unnachahmliche Harmonie dieser Einzelelemente, die sich zu einem hochkomplexen und finessenreichen Gesamtkunstwerk fügen. Die Auslese hat eine atemberaubende Länge und steht minutenlang im Glas.

 

Natürlich haben diese Unikate ihren Preis. Trotzdem sollte sich jeder Weinliebhaber ein solches Geschmackserlebnis in seinem Weinleben einmal gönnen. Man könnte sich aber durchaus daran gewöhnen.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, August 2021 


2009 Riesling Saarburger Rausch Kabinett

Weingut Forstmeister Geltz-Zilliken, Saarburg (Mosel/Saar)

12,50 Euro

Bereits in der Nase verströmt dieser süß ausgebaute Saar-Riesling intensive Apfel- und Aprikosen-Aromen. Im Mund explodieren die Fruchtaromen in immer neuen Nuancen: Apfel, Aprikose, Mango, Limette, Citrus, Passionsfrucht, Ananas und Maracuja. Der perfekt ausbalancierte Riesling zeigt dabei ein vibrierendes Frucht-Säure-Spiel. Die Spitzenlage Saarburger Rausch mit ihrem feinblättrigen Devonschiefer und dem vulkanischen Diabas setzt den Fruchtaromen eine präzise Mineralität und zarte Melisse- und Kamillenoten hinzu. Der komplexe Wein scheint auf der Zunge zu tanzen. Für einen Kabinett-Wein eine außergewöhnliche Dichte und Konzentration. Solche Rieslinge machen die Saar weltweit einzigartig.

Der Weinverein konnte bei seiner Exkursion 2010 eine von Senior-Chef Hanno Zilliken geführte Weinprobe erleben. Im modern gestalteten Anbau des Weinguts entwickelte sich eine hochinteressante Riesling-Probe von trockenen bis zu edelsüßen Spitzengewächsen. Abweichend vom Verkostungsprogramm stellte Hanno Zilliken mit edelsüßen Kostbarkeiten aus den 1970er Jahren die Langlebigkeit seiner Weine unter Beweis. Ein besonderes Erlebnis war ein Rundgang in den dreistöckigen Keller des Weinguts, dem tiefsten Weinkeller an der Saar. In diesem Keller herrscht das ganze Jahr eine konstante Temperatur. Von der Decke tröpfelt Wasser von unzähligen kleinen Stalaktiten auf die großen Fuder-Fässer. Und es lagern die Kostbarkeiten vergangener Jahrzehnte. Ein Besuch der dem agilen Hanno Zilliken und den beeindruckten Vereinsmitgliedern sichtlich Freude bereitete.

Weinempfehlung von Manfred Beismann, April 2015


2007  Riesling Lorenzhöfer Auslese

Weingut Karlsmühle, Mertesdorf/Ruwer   

20 Euro

 

 

Ein Sommernachtstraum...

 

Wenn man eine ältere Flasche Wein öffnet, weiß man nie so richtig, was einem erwartet! So geschehen, an einem lauen Sommerabend bei mir zu Hause auf der Terrasse.

 

Im Glas hatte ich eine 2007er Lorenzhöfer Riesling Auslese vom Weingut Karlsmühle. Ein Traditionsweingut im Ruwertal, wo seit über 200 Jahren Wein angebaut wird. Peter Gaiben führt hier seit Ende der 70er Jahre das Weingut umsichtig.

 

Cognacfarben schillernd und geheimnisvoll reflektiert der gereifte Riesling das abendliche Licht. Der Wein verströmt atemberaubende Düfte nach feinster Vanille, reifer Banane und Pampelmuse. Er wirkt völlig schwere- und zeitlos.

 

Absolut ohne Alterungstöne kommt er frisch und präsent rüber. Ein herrliches Aroma nach Quittengelee und Kandiszucker. Ein Hauch Mango sowie eine herrliche Exotik runden das Geschmacksbild ab. Die süße Auslese ist dicht und beerig, aber keinesfalls klebrig. Getragen von einer unglaublichen Säure, die man bei einem älteren Wein gar nicht mehr erwartet, wirkt der Riesling fast jugendlich. Eine Geschmacksexplosion im Mund sowie ein nicht enden wollendes Finish im Abgang machen diese Traumauslese nahezu unsterblich.

 

Ich war hin und weg. Was für eine Offenbarung eines dreizehn Jahre alten Weines. Manchmal lohnt es sich doch zu warten, um dem Wein die Zeit zu geben, die er zum Reifen benötigt, um irgendwann in ferner Zukunft auf dem Höhepunkt zu sein!

 

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, August 2020 


2005 Riesling Ürziger Würzgarten Spätlese

Weingut Karl Erbes, Ürzig (Mosel)

11,80 Euro

10 Jahre und keinen Tag älter!

Welcher Wein kann das von sich behaupten?

Einzigartig authentische Weine, mit enormem Alterungspotenzial,

bringt dieser Ürziger Traditionsbetrieb Jahr für Jahr auf die Flasche.

100% wurzelechte Riesling-Reben wachsen auf kargen Schiefersteilhängen in den Spitzenlagen

"Ürziger Würzgarten“ und "Erdener Treppchen“.

Kaum im Weinglas verströmt dieser Riesling Düfte eines frisch gepflückten Früchtekorbs.

Auf der Zungenspitze vibriert diese Essenz förmlich,  ein Fruchtpotpourri an exotischen Früchten.

Mango und Papaya sowie zarte Litschi-Noten verbreiten sich gleich einem Lavastrom im Mund, bauen hierbei eine grandiose Spannung auf, um dann am Gaumen förmlich zu explodieren.

Enorm druckvoll im Abgang hallt dieser wunderschöne Moselaner endlos nach.

Glückselig lehnt sich dabei der Genießer in seinem Stuhl zurück, im Bewusstsein, dass solche Schätze von den Schieferterrassen der Mosel einzigartig sind auf dieser Welt!  

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, August 2015


2005  Riesling Zeller Petersborn Kapertchen Auslese***                                                                      

Weingut Heinrich Mayer, Zell (Mosel)

10 Euro

 

Heinrich Mayer ist ein singuläres Winzer-Original, der direkt neben der Schiffsanlegestelle in Zell an der Mosel ein Hotel betreibt. Im Erdgeschoss seines Hotels  befindet sich ein Weinladen, in dem sich vor allem Tagestouristen mit einigen Fläschchen Mosel-Wein eindecken. Übrigens finden sie in diesem Laden auch „uralte“ Jahrgänge, so dass man problemlos seinen 50- oder 60-jährigen Geburtsjahrgang des unsterblichen Mayer-Rieslings zu vertretbaren Preisen einkaufen kann.

Wer jetzt glaubt, Mayer-Riesling sei ein minderwertiger Touristen-Fusel für ahnungslose Nordlichter, sieht sich getäuscht. In einer seiner unzähligen Anekdoten erzählt Heinrich Mayer, warum sein Weingut nicht in den einschlägigen Weinführern vertreten ist: „Mein Vater hat damals den Verkoster des Weinführers aus dem Haus gejagt, weil er nicht einsah, diesem Herrn seinen Wein gratis auszuschenken.“ 

Dass die Rieslinge von Heinrich Mayer zweifellos das Niveau für jeden Weinführer haben, beweist der 2005er Petersborn Kapertchen Auslese-Riesling mit den drei Sternen. Nach zehn Jahren ist der Riesling taufrisch und ohne Alterungsnoten. Bereits in der Nase inhaliert man die unnachahmliche Symbiose aus Schiefer- und Frucht-Aromen, die süße Mosel-Rieslinge weltweit einzigartig macht. Am Gaumen dann eine von der Schiefer-Mineralik getragene Fruchtexplosion mit Noten nach grünen Äpfeln, Mandarinen, Maracuja, Mango und Papaya. Ein ewig langer Nachhall mit einem leicht bitteren Mandelton und Nuancen von Blutorangenn schließt das Weinerlebnis dieses Rieslings aus dem Ausnahmejahrgang 2005 ab. Ein großer Riesling für kleines Geld.

Die Verkoster der Weinführer sollten nochmals in Zell vorbeischauen.

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Oktober 2015

 


1994 Riesling Zell Petersborner Kapertchen Auslese

Weingut Heinrich Mayer, Zell (Mosel)

7 Euro

 

 

 

 

Weinliebhaber sammeln gerne Raritäten aus den Geburtsjahrgängen ihrer Familie. Für ältere Herren empfiehlt sich ein Portwein. Vintage Ports können Senioren mühelos noch zu ihrem 70. oder 80. Geburtstag genießen. Als Hochzeitswein aus dem Geburtstagsjahr der Tochter kann der Brautvater auch einen süßen Mosel-Riesling zurücklegen, vorausgesetzt das Mädchen heiratet nicht erst als Greisin.

Eine wahre Fundgrube für ältere Weine ist der Weinladen des Weinguts Heinrich Mayer in Zell an der Mosel. Auf der offiziellen Weinkarte finden sie auch noch einen Eiswein vom Jahrgang 1975. Der Laden wird zwar hauptsächlich von Tagesausflüglern geflutet, die der nahegelegenen Schiffs-Anlegestelle entströmen. Aber auch für Weinkenner ist das Weingut Heinrich Mayer eine gute Adresse. 

Ich hatte wieder mal Glück. Zum einen hat sich meine Tochter sehr früh getraut, zum anderen war der vor einigen Jahren in Zell an der Mosel gekaufte Riesling nach 23 Jahren noch frisch wie eine Brautjungfer. Trinken sie den Hochzeitswein besser nicht auf dem Hochzeitsfest (dort würde er sowieso nicht für alle Gäste reichen), sondern – wie ich – in einer ruhigen Stunde allein

mit ihrer Tochter. Das Petersborner Kapertchen wurde wegen seiner Steilheit von der Flurbereinigung ausgenommen. Den Schiefer-Terrassen blieb es deshalb erspart, in der berühmt berüchtigten „Schwarzen Katz“ unterzugehen. Nach dem

vorsichtigen Öffnen der 1994er Rarität riecht man schon in der Nase einen wunderbaren Apfelduft. Am Gaumen zeigt die süße Auslese von Heinrich Mayer noch eine erstaunliche Frische und eine präsente Säure. Dominierend sind aber die

wunderbar gereiften und tief intensiven Obstaromen nach Apfel, Birne, Passionsfrucht und Pfirsich. Ein wunderbares Weinerlebnis, bei dem man die gelungene Hochzeitsfeier nochmals reflektieren kann.

 

Übrigens: Im Gegensatz zu einer Hochzeitsfeier ist der Riesling von Heinrich Mayer ein schon fast unverschämt preiswerter Genuss. Deshalb habe ich auch noch eine Flasche in Reserve. Den nächsten runden Geburtstag meiner Tochter wird sie aber wohl nicht erleben. Der Riesling hat jetzt den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Februar 2018